Rhöner Biosphärenpreis 2023
Im Jahr 2023 ist der länderübergreifende Biosphärenpreis erstmals ausgelobt worden. Die Preisverleihung fand am 7. Dezember in der Schlosshalle in Dermbach (Thüringen) statt. Ausgelobt wurden drei Jurypreise, ein Publikumspreis und ein Jugendpreis.
Jurypreis: Karl Ludwig Blum
Eine Wanderhütte auf dem unbewaldeten Gipfel des Gläserberges mit fantastischer Rundumsicht über die Bergkuppen der Thüringer Rhön und weit darüber hinaus – zu verdanken, ist dieser wundervolle Ausflugsspot unter anderem Karl Ludwig Blum. Durch seinen Mut immer wieder neu anzufangen, hat er in der thüringischen Rhön jede Menge bewegt und so die Grundlage für die Zukunft der regionalen Entwicklung gelegt.
Er ist eine bekannte Persönlichkeit aus Dermbach, stammt aus einer traditionsreichen Familie, die schon immer eng mit der Rhön und dem Rhönklub verbunden ist und hat sich im Laufe der Jahre einen Namen gemacht. Die Rede ist von Karl Ludwig Blum. Den Großteil seines Lebens verbrachte er als Katholik in der DDR – schon damals schon hieß das indirekt eine Opposition zur Linie der Partei. Noch im Wendejahr ergriff Karl Ludwig Blum die Chance, den Dermbacher Rhönklub, der zu DDR Zeiten verboten war, neu zu gründen. Gesagt, getan. Im Dezember 1989 wurde mit der Neugründung des Rhönklubs Geschichte geschrieben. Schnell wurden Beziehungen zum Hauptvorstand geknüpft. Auf dem Dermbacher Hausberg, dem Gläser, standen einst zwei Schutzhütten. Karl Ludwig Blum machte es sich mit seinem neuen Vorstand zur Aufgabe, auf dem Berg wie-der eine Hütte zu errichten. Unzählige Behördengänge waren nötig, um ein Einverständnis für den Bau zu bekommen. Es wurden Spenden gesammelt und zusammengetragen. 1994 war es endlich soweit und man errichtete die neue Dermbacher Hütte auf dem markanten Berg der Vorderrhön. In Nacht- und Nebelaktionen wurde auch Strom und Wasser von Föhlritz zur Hütte verlegt.
Schon fast 30 Jahre ist das mittlerweile her! In dieser Zeit hat sich die Hütte über dem oberen Feldatal zu einem einzigartigen Magneten entwickelt - Blick zur Wartburg, zum Ringberghaus im Thüringer Wald und zur Wasserkuppe inklusive. Die Bewahrung der Hüttenkultur liegt Karl Ludwig Blum am Herzen. Das beliebte Ausflugsziel hat sogar an Sonn- und Feiertagen geöffnet. Auch der ökumenische Gottesdienst, der je-des Jahr zu Himmelfahrt auf dem Gläser stattfindet, geht auf Karl Ludwig Blum zurück. Er hat es geschafft, den Rhönklubzweigverein Dermbach in allen Bereichen von Naturschutz, Wegearbeit, Kulturarbeit bis hin zur Familienarbeit maßgeblich weiterzuentwickeln. Rund 270 Mitglieder führt der Zweigverein Dermbacher Rhönklub heute – darunter auch viele aktive Mitglieder aus Bad Salzungen, Stadtlengsfeld, Zella, Brunhartshausen, Föhlritz und Glattbach. Der Rhönklub ist ein Wander- und Heimatverein mit ca. 22.000 Mitgliedern in 82 Zweigvereinen in den Bundesländern Bayern, Hessen und Thüringen, die sich zum gemein-samen Erleben der Heimat und Natur zusammengeschlossen haben. Die Betreuung des rund 6.000km umfassenden Wanderwegenetzes gehört zu den Hauptaufgaben.
Doch der Rhönklub ist mehr als nur ein Wanderverein. Auch die Erhaltung des Brauchtums, zur Pflege des alten Liedgutes, zur Bewahrung von Tracht und Tänzen und zur Instandhaltung von Kleinkunstwerken der Vergangenheit spielen hier eine große Rolle. Auch der Naturschutz steht hoch im Kurs. Nur durch Schutz und Pflege können Natur und Landschaft und das unverwechselbare Landschaftsbild der Rhön erhalten bleiben. Es ist deshalb vordringliche Aufgabe des Rhönklubs, in breiten Kreisen der Bevölkerung das Bewusstsein für Natur und Landschaft zu wecken. Karl Ludwig Blum hat im Sinne des UNESCO-Biosphärenreservats jede Menge für die thüringische Rhön geschaffen und wichtige Grundlagen für die Zukunft der regionalen Entwicklung gelegt.
Jurypreis: Rhöner Apfelinitiative e. V.
Die Rhöner Apfelinitiative beweist seit 28 Jahren, dass es mit einer Vision, den richtigen Leuten und kreativen Produkten gelingen kann, ein fast untergangenes Kulturgut zu erhalten. Dank eines tatkräftigen länderübergreifenden Engagements ist eine der größten bio-zertifizierten Vermarktungsinitiativen für heimisches Streuobst in Deutschland entstanden – die heute vor großen Herausforderungen steht.
Sie heißen Schafnase, Roter Ausbacher oder Reders Goldrenette und waren bis in die 1990er Jahre kaum noch jemandem ein Begriff: die alten Rhöner Apfelsorten. Früher gehörten Apfelbäume in jeden Rhöner Bauerngarten. Jedes Dorf besaß Streuobstwiesen, die von der Landbevölkerung bis in die 1950er Jahre hinein bewirtschaftet wurden. Streu-obstwiesen werden im Unterschied zu Obstplantagen nur extensiv, also naturschonend, bewirtschaftet, was sie zu einem Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten macht. Mit dem europaweiten Verlust der Streuobstbestände seit Mitte des 20. Jahrhunderts schwindet also nicht nur ein kultureller Erfahrungsraum für den Menschen, sondern auch die Biodiversität – auch in der Rhön. Mit der Einführung des Ertragsanbaus war heimisches Obst nicht mehr gefragt, der Anbau auf den Streuobstwiesen nicht mehr rentabel. Bäume wurden auf-gegeben, Anbauflächen verbuschten. Zudem wurde Bauland benötigt, weshalb in den 1960er und 70er Jahren viele Apfelbäume dem Bagger weichen mussten.
Dem drohenden Untergang des Streuobstanbaus stellten sich engagierte Ehrenamtliche entgegen. Ausgehend von einer Projektidee der Verwaltungen des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön gründeten sie im Jahr 1995 die Rhöner Apfelinitiative. Eine der ersten Aktionen war die Organisation einer länderübergreifenden Apfelmesse, die bis 2002 alle zwei Jahre stattfand. Apfelchips, Apfelsenf, Apfelsherry, Apfelbier, Apfelbratwurst – seit der Gründung des Vereins sind eine Reihe kreativer Produkte entstanden. Heute versteht sich der Verein als Dachorganisation für alle, denen der Erhalt der Rhöner Streuobstwiesen mit ihren Apfelbeständen am Herzen liegt.
Dazu zählen Apfelbauern und Baumschulen ebenso wie Keltereien und Erzeuger von Apfelprodukten. Das „Apfelbüro“ gibt Tipps zur Anlage neuer und zur Pflege vorhandener Streuobstwiesen, berät über Förderungsmöglichkeiten, vermittelt Kontakte zwischen Obstbauern, Fachleuten für Obstbaukunde und Gastronomen und stößt Kooperationen an. Eine zentrale Aufgabe ist auch die Koordination und Unterstützung von Qualitätskontrollen: Damit sich ein Apfel „Apfel der Rhöner Apfelinitiative“ nennen darf, muss er von einer Bio-Streuobstwiese stammen und darf nicht künstlich gespritzt oder mineralisch gedüngt werden. Die Kosten für die aufwändige Zertifizierung übernimmt der Verein für seine Mitglieder. Eine Herausforderung ist die Baumpflege: Viele der heutigen Bestände sind überaltert, von Misteln befallen – und das nötige Fachwissen geht aufgrund des Generationswechsels verloren. Die Apfelinitiative setzt sich daher aktiv für die Nachwuchsförderung ein und arbeitet – auch mit finanzieller Unterstützung der Biosphärenverwaltungen – an der Ausbildung neuer Baumwarte. Ziel ist ein Netzwerk, das sich länderübergreifend um das bestehende Streuobstpotential kümmert.
Damit der Rhönapfel auch in Zeiten des Klimawandels mit Trockenheit und Ertragseinbußen langfristig ein Erfolgsschlager bleiben kann, braucht es in der Rhöner Bevölkerung die Bereitschaft, regional einzukaufen und für Qualität entsprechend zu zahlen – für die diese Wertschätzung wirbt die Rhöner Apfelinitiative.
Jurypreis: Rhöner Biosphärenrind e.V.
Ein Paradebeispiel für das was Biosphäre sein möchte - das ist der Verein Rhöner Biosphärenrind e.V.. Auf vielschichtigen Ebenen vereint er Mensch und Natur. Gemeinsam stehen die Akteure des Vereins für eine kontrollierte biologische Erzeugung und kurze Wege bei Schlachtung und Vermarktung. Die Produkte des Vereins Rhöner Biosphärenrind e.V. zeigen: Ein Leben mit regionalen Lebensmittel bietet nicht nur unzählige Vorteile, sondern eröffnet auch jede Menge neue Möglichkeiten. Sowohl für den Menschen, als auch für die Natur.
Text (Webseite) Vor fast 25 Jahren – genauer gesagt im Jahr 1998 - haben sich rund 90 Landwirte zum Verein Rhöner Biosphärenrind e.V. zusammengeschlossen – zunächst ausschließlich hessische Betriebe. Heute gehören auch Landwirte aus Thüringen und Bayern dazu. Mit dem Ziel nachhaltige Marktströme für ökologisch erzeugtes Rindfleisch aufzubauen, wirtschaften sie nach den Richtlinien der anerkannten Öko-Anbauverbände. Die Bauern setzen damit die ökologische Wirtschaftsweise im Einklang mit Mensch, Tier und Natur konsequent um. Ein schonungsvoller Umgang mit Natur und Umwelt sowie der Erhalt der Artenvielfalt liegen den Bio-Bauern in der Rhön ganz besonders am Herzen. Regionale Bio-Produkte bei einem regionalen Händler zu kaufen – das bedeutet, auf kurzen Wegen eine nachhaltige Landwirtschaft zu fördern.
Das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön bietet dafür beste Bedingungen: Durch traditionelle Weidegemeinschaften gibt es große extensiv genutzte Flächen, die ein Plus für die Artenvielfalt, das Landschaftsbild und die bäuerlichen Familienbetriebe sind. Das Ergebnis: Bio-Rindfleisch mit einem unverfälschten Geschmack. Auf den weiträumigen Rhöner Weiden wachsen die Kälber bei ihren Müttern in natürlichen Herdenverbänden auf. Das kräuterreiche Weidefutter und langsamere Wachstum der Tiere sorgen für eine ganz besondere Qualität. Durch die großflächige Beweidung bleibt der einzigartige Charakter der Rhön als „Land der offenen Fernen“ erhalten. Gemeinsam mit Tegut wurde das Rhöner Biosphärenrind beim Wettbewerb „Regional-Star 2019“ der Fachzeitschrift Lebensmittel Praxis mit dem zweiten Preis in der Kategorie Kooperation ausgezeichnet. Seit Jahrzehnten engagiert sich der Verein, kämpft mit Hürden, baut Brücken und bietet vor allem den kleinsten Betrieben eine Zugehörigkeit. Er erhält und unterstützt Kultur und Tradition, gibt Wissen und Kenntnisse weiter, nach innen wie nach außen. Mitglieder des Vereins führen Besuchergruppen, unterstützen Forschung und Monitoring.
Ohne diesen Verein wären viele Projekte heute und in Zukunft nicht möglich. Besonders der Erhalt der traditionellen Rinderrasse „Rhöner Fleckvieh“, die artgerechte Tierhaltung und die Bewahrung der artenreichen Kulturlandschaft sind wesentliche Schwerpunkte. Mit seiner Arbeit fördert der Verein nicht nur die Vermarktung von ökologisch erzeugtem Rindfleisch, sondern schafft auch Arbeitsplätze in Landwirtschaft, Handwerk und Handel. Rhöner Biosphärenrind e.V. trägt dazu bei, dass bäuerliche Betriebe in der Rhön weiterhin eine Zukunft haben. Auch in Zukunft wollen die Akteure verstärkt Werbung für den ökologischen Landbau betreiben und ihr Netzwerk erweitern – ein Fundament, auf dem sich aufbauen lässt und ein wichtiger Anker für unsere Landwirtinnen und Landwirte aus der Rhön.
Publikumspreis: Leonhard Hohmann
Überwältigendes Ergebnis: Fast 50.000 Stimmen waren beim Online-Voting für den Publikumspreis des Rhöner Biosphärenpreis 2023 eingegangen. Mit mehr als 12.300 Stimmen sicherte sich Leonhard Hohmann, Vorsitzender der Bürgerinitiative Aussichtsturm Soisberg den ersten Platz im Publikumsvoting. Leonhard Hohmann und der Bürgerinitiative Aussichtsturm Soisberg ist es zu verdanken, dass im Jahr 2002 im Hessischen Kegelspiel ein beliebtes touristisches Highlight und in der heimischen Bevölkerung neues Bewusstsein für die schöne, erhaltenswerte Natur geschaffen werden konnte.
Er ist der König des Kegelspiels! Nein, nicht der Nominierte Leonhard Hohmann. Die Rede ist vom Soisberg: Mit 629,9 Metern ist der erloschene Vulkan der höchste Berg in der Region Hessisches Kegelspiel.
Majestätisch und gut sichtbar thront er an der Grenze der Landkreise Fulda und Hersfeld-Rotenburg. Das Besondere ist seine „Krone“: ein 25 Meter hoher Aussichtsturm, der auf dem Gipfel den Wettstreit gegen die Baumkronen gewonnen hat und über sie hinausragt. Auf der Aussichtplattform bietet sich ein einzigartiger Panoramablick über die hessische und thüringische Rhön bis in den Thüringer Wald und den Vogelsberg. Dass Einheimische und Touristen diese Aussicht genießen können, ist dem hartnäckigen Engagement Hunderter Menschen aus den umliegenden Gemeinden zu verdanken. Sie haben sich im Jahr 1997 zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen. Ihr Ziel: Einen Neubau des Soisbergturms in Gang zu bringen – etwas, das Behörden und Ämtern über Jahrzehnte hinweg nicht gelungen war. Bereits 1898 gab es einen ersten Holzturm, der allerdings nur wenige Jahre hielt.
1955 wurde ein weiterer Turm gebaut, der den Soisberg zu einem beliebten Ausflugsziel machte – bis der Turm von den wachsenden Bäumen überragt wurde und später wegen Schäden gesperrt werden musste. Zwar gab es bereits 1972 erste Anregungen zu einem Neubau, die aber über 25 Jahre lang zu nichts führten. Mit der Gründung der Bürgerinitiative Aussichtsturm Soisberg e.V. im Jahr 1997, der sich 840 Mitglieder anschlossen, änderte sich das. Nachdem alle bisherigen Bedenken aus dem Weg geräumt werden konnten, begannen im Jahr 2002 endlich die Bauarbeiten, im Jahr 2004 wurde Einweihung gefeiert.
Heute gehört der Soisbergturm zu den attraktivsten Zielen in der Kuppenrhön – ein Ergebnis von großem ehrenamtlichem Engagement und reibungsloser interkommunaler Zusammenarbeit der Gemeinden Eiterfeld, Hohenroda und Schenklengsfeld. Nach wie vor kümmert sich die BI, die heute mit 500 Mitgliedern ein starker Verein ist, um die Unterhaltung des Turms und die Pflege der Wanderwege und Rastpunkte.
Ihr Vorsitzender ist Leonhard Hohmann, der maßgeblich zur Gründung der BI beigetragen hatte. Ihm liegt die Weiterentwicklung seines Heimatorts und der Region am Herzen. Stolze 28 Jahre lang war er Ortsvorsteher in Ufhausen und zudem einige Jahre Vorsitzender der Gemeindevertretung Eiterfeld. Die Förderung eines sanften Tourismus, immer im Einklang mit dem Naturschutz, ist für ihn auch heute noch eine Herzensangelegenheit. Stillstand ist keine Option! Für 2023 steht ein weiteres Highlight an: Zusammen mit dem Vorstandsteam der BI, den Gemeinden Eiterfeld, Schenklengsfeld, Hohenroda, und dem Naturpark Hessische Rhön arbeitet Hohmann derzeit an der Ausweisung der Extratour „Soisbergtour“, die den König des Kegelspiels ins länderübergreifende Premiumwanderwegenetz im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön aufnimmt – Ehre, wem Ehre gebührt!
Jugendpreis: Rhönmomente
Wie man es schafft auch junge Rhönerinnen und Rhöner für die schützenswerte Landschaft und nachhaltige Entwicklung im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön zu begeistern, machten die Jungs von „Rhönmomente“ deutlich. Mit über 50.000 Followern auf Instagram schaffen es die beiden Brüder Florian "Flo" und Marc-André "Maggi" Janz die Vielfalt der Rhön auch an jüngere Generationen zu vermitteln. Dafür erhielten die Jungs den Jugendpreis.
Die weiteren Nominierten – Top 10
Auch wenn sie es nicht auf das "Siegertreppchen" geschafft haben, so konnten sie die erste Vorauswahl doch für sich entscheiden und haben es unter die Top 10 geschafft. Herzlichen Glückwunsch an die übrigen Nominierten der Top 10, die im Folgenden vorgestellt werden!
Regional, saisonal und dazu auch noch unglaublich lecker! Dass das Gute oft so nah liegt, beweist der Ausbildungsverbund Rhöner Lebensmittel e. V.. Lebensmittel mit regionalem Charakter liegen im Trend und werden beim Verbraucher immer begehrter. Der Ausbildungsverbund wurde 2003 von Rhöner Lebensmittelhandwerkern und Gastronomen als Verein gegründet, um junge Menschen für Lebensmittelberufe zu gewinnen und ihnen vor Ort eine qualifizierte Ausbildung zu bieten. Arbeitsschwerpunkt ist heute die Verpflegung mit qualitativ hochwertigen und preiswerten Speisen, die mit regionalen Erzeugnissen zubereitet werden.
Text (Webseite) Der Ausbildungsverbund Rhöner Lebensmittel e. V. wurde 2003 von Rhöner Lebensmittelhandwerkern und Gastronomen als Verein gegründet, um junge Menschen für Lebensmittelberufe zu gewinnen und ihnen vor Ort eine qualifizierte Ausbildung zu bieten. Nach sechs erfolgreichen Jahren, in denen 42 zusätzliche Ausbildungsstellen entstanden, wurde 2010 eine Lehrlingswohnanlage mit sechs Wohneinheiten sowie einer Lehr- und Versorgungsküche gebaut. Diese Initiative trug dazu bei, junge Menschen in der Region zu halten und qualifizierten Nachwuchs für das heimische Lebensmittelhandwerk zu gewinnen. Ausbildungsplätze wurden vor Ort angeboten, die regionalen Betriebe des lebensmittelverarbeitenden Handwerks, aber auch die Gastronomie bei der Fachkräftegewinnung wurden unterstützt. Heute hat sich der Arbeitsschwerpunkt verlagert, ohne auf die vorherigen Zielsetzungen zu verzichten.
Im Vordergrund steht jetzt die Verpflegung von Kindertagesstätten, Schulen und Seniorenheimen mit preiswerten und gesunden Mittagessen, die mit regionalen Erzeugnissen zubereitet werden. „Kochen und Ausbildung mit Herz und Verstand“, das ist seit vielen Jahren das Motto. „Der Ausbildungsverbund legt großen Wert darauf, dass für die Mittagessen alles vor Ort selbst und frisch hergestellt wird - von der Brühe, über den Pudding bis hin zum Braten“, heißt es in der Nominierung. Da der Ausbildungsverbund durch das Programm "Ehrenamt stärken. Versorgung sichern" des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gefördert wurde, versorgt er seit September 2020 auch zahlreiche Senioren mit einem warmen Mittagessen.
In der Nominierung wird vor allem die Verwendung von regionalen Produkten sowie das große ehrenamtliche Engagement des Ausbildungsverbundes gelobt: „Die meisten Kitas werden von Großküchen beliefert. Ich kann mit Stolz berichten, dass wir unser Essen vom Ausbildungsverbund bekommen. Es gibt viele Dinge, die ich an unserem Caterer schätze“, heißt es in der Nominierung weiter. „Viele Mitarbeiter sind selbst Eltern. Sie tun alles dafür, damit wir unser Essen weiterhin so günstig bekommen, dass es sich wirklich alle Eltern leisten können.“ So wurden beispielsweise bewusst die Essenspreise nicht erhöht, sondern versucht, mit weniger Fleisch weiter kostendeckend zu arbeiten. „Der Ausbildungsverbund macht keine Werbung, hat keine Internetseite und auch sonst nichts, was auf sie aufmerksam macht, außer Mundpropaganda, wenn es geschmeckt hat. Aus diesem Grund denke ich, dass der Ausbildungsverbund den Preis wirklich verdient hat und sich so rumspricht, was diese Leute jeden Tag für gute und wichtige Arbeit leisten. Denn gesunde Ernährung fängt schon bei den ganz Kleinen an.“ als besonders bemerkenswert hervorgehoben.
Als besonders bemerkenswert empfinden die Einrichtungen, die vom Ausbildungsverbund beliefert werden die Verwendung regionaler, saisonaler und Bio-Lebensmittel, das Bemühen um eine für Familien und Senioren erschwingliche Preisgestaltung und die Beachtung und Priorisierung von klimaschonenden Aspekten bei der Arbeit. Außerdem gilt der Ausbildungsverbund Rhöner Lebensmittel e.V. als die erste Klimakantine im Landkreis Fulda
Erwirtschaftete Überschüsse werden immer wieder in den Verein, die Küchenausstattung und in die Verwendung von Bio-Lebensmitteln sowie regionalen Produkten investiert. So wird der Ausbildungsverbund zu einem ersten guten Beispiel dafür, wie Sozial-Ökologische Transformation in der Region beginnen kann und leistet tagtäglich einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Versorgung in der Rhön.
Bernd Baumann hat die nachhaltige Entwicklung im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön – ganz getreu dem Motto "Mensch und Biosphäre" - mitgestaltet und geprägt. Als Lehrer am Rhön-Gymnasium Kaltensundheim, zertifizierte Biosphären-Schule, hat der 71-Jährige aus Unterkatz junge Menschen stets für die Naturschätze und Besonderheiten der Region sensibilisiert und maßgeblich dazu beigetragen, eine ganze Generation im Sinne des Biosphärenreservats zu leiten und zu begleiten.
Bildung ist der Schlüssel für eine nachhaltige Entwicklung: Die Auszeichnung „Biosphären-Schule“ oder „Biosphären-Kita“ ist daher Teil des breiten Angebots in der Umweltbildung und Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön. Das Leuchtturm-Projekt unterstützt die partnerschaftliche Kooperation zwischen den Verwaltungen und Trägervereinen des Biosphärenreservats mit Schulen und Kindertageseinrichtungen in der Region. Gemeinsam verfolgen sie das Ziel, Vorschulkindern, Schülerinnen und Schülern originäre Natur-, Kultur- und Heimaterfahrungen in ihrem direkten Umfeld zu ermöglichen und Kenntnisse über das Biosphärenreservat und Kompetenzen für eine nachhaltige Zukunft zu vermitteln.
Kinder und Jugendliche im Sinne einer nachhaltigen Nutzung für den Natur- und Lebensraumes Rhön sensibilisieren – für Bernd Baumann ist das eine Herzensangelegenheit! Von September 1991 bis Januar 2018 war er Biologielehrer am Rhön-Gymnasium Kaltensundheim. Dass sein Beruf für ihn Berufung war, und dass ihm der Naturschutz und die Begeisterung junger Menschen für ihre Heimat am Herzen liegen, zeigen die nachhaltigen Spuren, die er an der Schule hinterlassen hat. So wurden auf dem Schulgelände zu Beispiel acht Biotope angelegt. „Naturschutz begann bei ihm bereits auf dem Schulhof“, heißt es in der Nominierung. Im Jahr 2018 erhielt Baumann beim Thüringer Naturschutzpreis eine Anerkennung für die Vermittlung von Artenkenntnissen an junge Menschen.
Durch seinen Einsatz gelang es, das Rhöngymnasium zu einer Umweltschule in Europa zu entwickeln und nunmehr über Jahrzehnte diesen Status zu verteidigen. Die preisgekrönten Arbeiten seiner Schülerinnen und Schüler sorgten zudem dafür, dass im Rahmen von öffentlichen Vorträgen und Aktionstagen die Region auch in anderen Teilen Deutschlands bekannt wurde. Und auch wenn die Zertifizierung als Biosphären-Schule erst im Jahr 2019 folgte – ein Jahr nach dem Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand –, hat er den Weg dorthin maßgeblich mitgeprägt.
Mit zahlreichen Projekten im täglichen Lebensumfeld der Jugendlichen wurde der Gedanke und der Schutzzweck des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön stets ins Bewusstsein gerufen und über die Jugendlichen auch in die Familien und Dörfer der Region getragen. Erfolgreich nahm er mit seinen Schülern am Wettbewerb „Jugend forscht“ teil. Gemeinsam mit seinen Schülerinnen und Schülern erreichte er herausragende Platzierungen – mit dem Projekt „Das Vorkommen der Wasseramsel in der Rhön“ sogar den 1. Platz beim 29. Thüringer Landeswettbewerb „Jugend forscht“ im Bereich Biologie. Zusammen mit den Landessiegern der anderen Fachgebiete nahmen die Schülerinnen am 59. Bundesfinale in Chemnitz teil.
Die Natur sogar im Schulgebäude sichtbar zu machen, schaffte er durch ein besonderes Mauerseglerprojekt. Innerhalb des Projektes „Tiere auf Wohnungssuche“ wurden im Schulgebäude acht Nistkästen für Mauersegler angebracht. In vier davon wurde jeweils eine Kamera installiert. Um das Geschehen in den Nistkästen für alle Schüler sichtbar zu machen, wurde in der „Ökoecke“ der Schule ein Monitor angebracht.
Seit 1975 engagiert sich Baumann – gemeinsam mit verschiedenen Schulklassen - aktiv im Amphibienschutz .Des Weiteren war er während der gesamten Laufzeit des Artenhilfsprojekts „Rotmilan in der Rhön“ als Kartierer aktiv und dabei für zwei Bereiche nahe seinem Heimatort Unterkatz in Thüringen zuständig. Die durch Bernd Baumann entstandene Kooperation zwischen dem Rhöngymnasium und der Thüringer Verwaltung des Biosphärenreservats stellt eine wichtige Verbindung für die Erreichung der Ziele im Biosphärenreservat dar und verkörpert in besonderer Weise die Netzwerkarbeit und gemeinsame, generationenübergreifende Zusammenarbeit in der Region.
Nicht mit Lerninhalten Fässer füllen, sondern damit Feuer entzünden: Das ist das Motto von Michael Kirse, der mit seinem Rhöner Umweltmobil „RUMpel“ Pionierarbeit geleistet hat und mit seiner Bildungsarbeit fester Bestandteil im Bereich des UNESCO-Biosphärenreservat Rhön geworden ist.
Text (Webseite) Man kann nur schützen, was man kennt. Anders formuliert: Damit Naturschutz gelingen kann, braucht es engagierte und begeisterte Menschen. Diesem Grundsatz folgen UNESCO-Biosphärenreservate wie die Rhön. Neben Natur- und Artenschutz, Forschung, Monitoring und Regionalentwicklung gehört die Bildung für nachhaltige Entwicklung – kurz: BNE – zu den Kernaufgaben im Biosphärenreservat. Ob Kindergarten, Schule, Be-ruf oder Freizeit: BNE hat das Ziel, dass die Menschen die Auswirkungen ihres Handels er-kennen und dazu befähigt sind, globale Probleme zu verstehen und sich diesen zu stellen.
Pionierarbeit in diesem Sinne hat Michael Kirse mit der Gründung des Biologischen Umweltnetzwerks Rhön geleistet. Groß und Klein für die Natur zu interessieren, ist für den Forstwirt und studierten Landespfleger Beruf und Berufung. Sein Ansatz: Wirkungsvolle Umweltbildung funktioniert am besten durch verständliche Vermittlung von ökologischem Grundwissen und Artenkenntnis gepaart mit unmittelbarem Erleben und eigenem Erforschen. Mit seinem Rhöner Umweltmobil „RUMpeL“ ist er seit 2012 als selbständiger Unternehmer unterwegs. Das rollende Umweltforschungsfahrzeug kommt in das direkte Umfeld der Teilnehmer unter dem Motto „Schütze, was Du bei Dir kennst!“ An Bord hat das Fahr-zeug alles, was es für die Expedition in die Natur braucht. Aktuelle Technik wird mit anschaulicher Wissensvermittlung und Spaß verknüpft.
Die Themenbereiche der Umweltmobil-Einsätze sind sehr vielfältig und reichen von der Untersuchung der örtlichen Tier- und Pflanzenwelt über verschiedene Ökosysteme bis hin zu komplexeren Themen. Was sind Wolken und wie entstehen sie? Was lebt in einem Wassertropfen? Wie entsteht Humus? Antworten auf Fragen wie diese kann man sich unter Anleitung des Experten selbst erarbeiten. Kirse berücksichtigt dabei stets die Ziele der BNE und den aktuellen Forschungsstand beispielsweise zum Klimawandel oder der genetischen Vielfalt.
„Diese Art von Wissensvermittlung ist in den Lehrplänen nicht vorgesehen – obwohl es so wichtig ist“, schreibt die Lehrkraft, die Michael Kirse für den Biosphärenpreis 2023 nominiert hat. „Mit seiner Art und seinem unglaublichen Wissen zaubert Michael jedem ein Lächeln ins Gesicht“. Jede Veranstaltung wird stets inhaltlich sowie persönlich auf die Teilnehmer abgestimmt. Denn: Das Angebot richtet sich an alle Altersgruppen. 580 Einrichtungen und zahlreiche Veranstaltungen hat „RUMpeL“ mittlerweile besucht. So konnte RUMpeL bisher rund 75.000 Menschen erreichen.
Damit diese Zahl weiterwachsen kann, benötigen Michael Kirse sowie seine Helferinnen und Helfer dringend weitere Unterstützung. Derzeit arbeiten sie an einem Konzept für eine Erweiterung. Auch das Biosphärenreservat möchte hierbei unterstützen. Kirses Vision für die Zukunft: mehrere Umweltforschungsfahrzeuge und ein großes Team, um mit aktuellen Themen wie Klimawandel, Problem Mikroplastik, Prädatorenmanagement, Schutz der Nacht und Entwicklung der Kulturlandschaft Rhön künftig auch länderübergreifend Bildungsarbeit leisten zu können – in Bayern, Hessen und Thüringen.
24 Jahre lang war Brigitte Kram Bürgermeisterin der Gemeinde Ebersburg. Die nachhaltige Entwicklung der hessischen Rhön war und ist für sie eine Herzensangelegenheit. Beruflich und ehrenamtlich setzte sie sich insbesondere dafür ein, Menschen im Alter ein erfülltes Leben im ländlichen Raum und in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen und sie zur gesellschaftlichen Teilhabe zu befähigen.
Modellregion für nachhaltige Entwicklung – das soll das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön sein. Modell, weil neue Wege entwickelt und erprobt werden bei dem Versuch, Naturschutz mit und durch den Menschen zu erreichen. Nachhaltige Entwicklung, weil die Region dank dieser neuen Wege als Naturraum und als Heimat der Rhönerinnen und Rhöner langfristig „lebensfähig“ und zukunftsfähig erhalten werden soll. Dabei stehen ökologische, ökonomische und soziale Aspekte auf derselben Stufe. Diese Aufgabe braucht Menschen, die sie mittragen und aktiv gestalten – sonst wäre das Biosphärenreservat bis heute nur eine Idee. Diese Idee wird von vielem und von vielen belebt. Vor allem von einem starken Ehrenamt und engagierter Kommunalpolitik.
Brigitte Kram vereint beides. Von 1998 bis 2022 war sie Bürgermeisterin der Gemeinde Ebersburg – eine der längsten Amtszeiten im Landkreis Fulda. Die Gestaltung einer nach-haltigen Entwicklung in der hessischen Rhön war ihr schon früh ein zentrales Anliegen. Ihr Fokus: die Region als Wirtschaftsstandort entwickeln, Infrastruktur im ländlichen Raum aufbauen und attraktive Wohnumfelder und tragfähige Sozialstrukturen schaffen – auch in einer alternden Gesellschaft mit geänderten Familienstrukturen. Zehn Jahre lang war sie Vorstandsmitglied im Verein Natur- und Lebensraum Rhön e. V. und Sprecherin des Fachforums Demografischer Wandel.
Dem demografischen Wandel mit neuen Ideen zu begegnen, war und ist für sie ein zentrales Hauptanliegen. Der gemeindeübergreifende Verein Miteinander-Füreinander Oberes Fuldatal e.V. entstand im Jahr 2007 maßgeblich durch ihre Initiative. Wichtige Hilfeangebote wie Bürgerbus, Beratung für altersgerechte Assistenzsysteme, Senioren-Treffs und Demenzberatung konnten auf den Weg gebracht werden und haben hessenweit eine Vorbildfunktion für viele nachfolgenden Bürgerhilfsvereine erlangt. Beim Ausbau der Kinderbetreuung lag Brigitte Kram eine umweltbildungs- und naturorientierte Gestaltung am Herzen, sodass die Kindergärten der Kommune schon seit Langem gemeinsame Projekte und Aktionen mit den Biosphären-Rangern umsetzen. Innovativ ist die Etablierung der Bauernhof-Kita in Ried, die 2022 eröffnet wurde. Wirtschaftliche und umweltpolitische Impulse setzte sie mit der Ausweisung und Konzeptionierung eines weit-gehend energieautarken Gewerbegebiets bei Thalau. Auch ein Nahwärme-Biomasseheizwerk in Weyhers, an das neben dem gemeindlichen Bürgerhaus und der Kita auch die Kirche, ein Seniorenwohnheim, eine Turnhalle und zahlreiche Privatgebäude angeschlossen wurden, fand ihre Unterstützung.
„Während all der Jahre hat sie es verstanden, aus ihren Möglichkeiten als Bürgermeisterin große Synergien zu gewinnen für den Anschub nachhaltiger Projekte. Den erforderlichen Zeitaufwand erbrachte sie meist zusätzlich zu ihren obligatorischen Dienstpflichten“, heißt es in der Nominierung. Auch nach ihrer Amtszeit als Bürgermeisterin setzt sich Brigitte Kram weiterhin für andere eine – zum Beispiel in der heimatlichen Pfarrei als Kolping-Diözesanvorsitzende im Bistum Fulda.
Fast 30 Jahre lang war Petra Ludwig Geschäftsführerin des Landschaftspflegeverbands Thüringer Rhön. Unter ihrer Leitung konnten zahlreiche Meilensteine im Erhalt der artenreichen Rhöner Natur und der Stärkung einer möglichst schonenden Landnutzung erreicht werden.
Text Webseite Die Rhön ist weithin als das Land der offenen Fernen bekannt. Wer einmal hier war, versteht schnell, warum: Trotz der zahlreichen Berge und Kuppen sind große Teile des Mittelgebirges nicht bewaldet oder zugewachsen, sondern durch artenreiche Bergwiesen geprägt.
Die vor allem für die Thüringer Rhön typischen großflächigen Magerrasen sind Lebensraum zahlreicher geschützter Pflanzen, die es nur noch in wenigen Regionen Deutschlands gibt. Diese offenen Flächen und ihre Vielfalt langfristig zu erhalten, ist eine der Hauptaufgaben im Naturschutz, die Hand in Hand mit der Landwirtschaft gelingen muss. Im Thüringer Teil des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön ist hierfür der Landschaftspflegeverband (LPV) Thüringer Rhön e. V. verantwortlich. 1991, kurz nach der Anerkennung des länderübergreifenden Biosphärenreservats durch die UNESCO, wurde er gegründet.
1993 übernahm Petra Ludwig die hauptamtliche Geschäftsführung des LPV. Durch ihre Ausbildung als Diplom-Agraringenieurin und Arbeit in der heutigen Pflege-Agrar-Genossenschaft e.G. Bettenhausen zu DDR-Zeiten war sie mit den landwirtschaftlichen Betrieben in der Region bestens vertraut – gebürtig aus Geba und eng mit der Region verbunden. Geschäftsführerin des LPV blieb sie bis zu ihrem Ruhestand im Jahr 2021. Doch was heißt eigentlich „Landschaftspflege“ – wie pflegt man eine Landschaft? Das zeigen die vielfältigen Projekte, die Petra Ludwig und ihre Kolleginnen und Kollegen umgesetzt haben und weiterhin voranbringen – dazu zählen neben Naturschutzgroßprojekten zum Beispiel auch der Erhalt von Apfelsortengärten und gezielte Hilfen für einzelne Arten wie die bedrohte Berghexe – ein seltener Tagfalter.
Anfang der 1990er Jahre arbeitete Petra Ludwig zunächst intensiv an der Etablierung des Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) in der Thüringer Rhön. Ihr Ziel: die Rahmenbedingungen für die Betriebe so mitzugestalten, dass diese traditionelle Nutzungsformen, insbesondere die Beweidung mit Schafen, weiter aufrechterhalten können und wollen. Mit ihrer transparenten Arbeitsweise und dem „Mitnehmen“ aller Betroffener schaffte es Petra Ludwig über die Jahrzehnte hinweg, großes Vertrauen in der Region aufzubauen. Ohne dieses notwendige Vertrauen können Naturschutzgroßprojekte wie das Projekt „Thüringer Rhönhutungen“ nicht gelingen. 440 Hektar wurden in der Projektlaufzeit von 2005 bis 2016 entbuscht, sodass die typischen wertvollen Kalkmagerrasen wieder als Lebensraum hergestellt werden konnten. „Mit dem Projekt habt ihr unsere Landschaft verändert“, fasste es der Kreisschäfermeister damals anerkennend zusammen.
Die Etablierung des LPV als Natura 2000-Station und die Planung des neuen Naturschutzgroßprojekts „Thüringer Kuppenrhön“ sind weitere Meilensteine, die der LPV unter der Leitung von Petra Ludwig setzen konnte. Dank ihrer guten Vernetzung – zum Beispiel ehrenamtlich im Thüringer Verein Rhönforum, in der RAG Henneberger Land, der länderübergreifenden Arbeitsgruppe Artenschutz der Biosphäre und dem Dachverband DVL – ist der LPV ein verlässlicher und unverzichtbarer Partner im Naturschutz geworden.
Der Rhöner Biosphären-Schinken ist zweifelsohne ein länderübergreifendes Erfolgsprojekt und Qualitätsprodukt. Und an dem hat Matthias Weller maßgeblich seinen Anteil. Ein luftgetrockneter, regionaler Schinken mit dem Qualitätssiegel der Dachmarke Rhön. Im Jahr 2019 hat Weller den 1. Schinken- und Destillationsmarkt in Rasdorf aus der Taufe gehoben. Auch der dort einmal im Monat stattfindende Feierabendmarkt erfreut sich immer wieder großer Beliebtheit und geht auf ihn zurück. Viele Stunden hat er in den vergangenen Jahren ehrenamtlich investiert – für die Region, das traditionelle Handwerk insbesondere der Metzger und der Brenner und für eine nachhaltige Entwicklung im Land der offenen Fernen.
Der Verein Rasdorfer GenussKultur e.V. wurde am 16. März 2020 im Landgasthof zum Adler in Rasdorf gegründet – mit dabei natürlich auch Matthias Weller. Basierend auf dem erfolgreichen Genussmarkt im September 2019 schlossen sich 60 Personen zusammen, um die Euphorie der Regionalität in die Struktur eines Vereins auszurichten. Geboren wurde die Idee des Marktes einst in Rasdorf, wo im Jahr 2019 mit tausenden Besucherinnen und Besuchern der erste Rhöner Schinken- und Destillationsmarkt stattfand. Die zweite Auflage im Jahr 2021 musste zwar coronabedingt ausfallen, Schinken- und Schnaps-Spezialitäten standen aber im September beim „Besonderen Feierabendmarkt“ im Mittelpunkt – inklusive Prämierung ausgewählter Produkte. Bei einer anschließenden Feedback-Runde zum Feierabendmarkt mit den Brennereien und Metzgereien, dem Verein Rasdorfer GenussKultur e. V. und der Rhön GmbH stieß man gemeinsam erstmals auf die Idee eines luftgetrockneten Rhöner Schinkens, der als Aushängeschild der Rhöner Vielfalt dienen soll.
Das neue Produkt sollte zum Ziel haben, regionale Produkte und Wertschöpfungsketten zu fördern. Nach intensivem Austausch mit der Rhön GmbH und Matthias Weller stand nur kurze Zeit später das Konzept für das Produkt. Der luftgetrocknete Schinken zeichnet sich durch ein einheitliches Rohprodukt, eine einzigartige Würzung nur mit Naturgewürzen sowie eine einheitliche Reifung aus. Das Fleisch trägt das Siegel „Qualität des Biosphärenreservats! Die Rhön“. Offiziell präsentiert wurde das Produkt erstmals am 11. Ostheimer Wurstmarkt im Oktober 2022. Mit dieser Idee konnten sich bereits über 12 Metzger aus Bayern, Thüringen und Hessen identifizieren und haben gemeinsam mit der Rhön GmbH und unter Führung von Matthias Weller einen Lager-und Reifeschrank mitten in Fulda installiert. Damit werden das Produkt, die „Rhöner-Identifikations-Botschaft“ und vor allem die kurzen Wertschöpfungskreisläufe für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht.Generell verzeichnete der Verein Rasdorfer GenussKultur e.V. unter Matthias Weller große Erfolge.
Im Januar 2022 wurde der Verein zum Hessen-Pionier für den Landkreis Fulda nominiert. Nach der Bewertung fiel die Wahl auf die Rasdorfer Genusskultur – ein toller Erfolg, der maßgeblich auch Matthias Weller zu verdanken ist. Auch die Tradition des Rhöner Volkstheaters mit Mundart wurde durch die erste Rhöner-Volkstheater-Festspiele zusammen mit dem ersten Rhöner Weinmarkt 2022 ins Leben gerufen. So fanden sich an den 3-tägigen Festspielen über 1400 Besucher in der Point-Alpha-Gemeinde ein, um Rhöner Volkstheater und Rhöner Weine zu erleben. Mit seinem großen Engagement hat Matthias Weller es geschafft, in den Köpfen der Menschen das Bewusstsein für eine nachhaltige Entwicklung zu schaffen. „Regionalität und Nachhaltigkeit werden dank ihm geschätzt und in der Gesellschaft wahrgenommen“, heißt es in der Nominierung. Insbesondere der Rhöner Biosphären-Schinken ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe und zur Wertschätzung im Biosphärenreservat Rhön. Mit der Etablierung der Schinken-Marke sowie des Schinken- und Destillationsmarktes hat Matthias Weller dazu beigetragen ein weiteres Aushängeschild für Qualitäts-Produkte aus dem UNESCO-Biosphärenreservat Rhön zu schaffen.