Zum Hauptinhalt springen
Biosphärenreservat Rhön
mensch, natur, einklang,

Auch in 2021 konnte der Schneider in heimischen Gewässern nachgewiesen werden

Der Schneider ist eine Fischart, die ehemals in den Gewässern der Rhön weit verbreitet war. Durch Gewässerverschmutzung und -verbau ist der Bestand seit den 1960er Jahren stark zurückgegangen. Eine Maßnahme, dem entgegenzuwirken, ist seit einigen Jahren ein Artenschutzprojekt im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön. Wiederansiedelungsversuche zeigen Erfolg: Auch in diesem Jahr konnte der Schneider wieder an mehreren Stellen nachgewiesen werden.

Der Schneider (Alburnoides bipunctatus). / Foto: Sven Haustein
Ehrenamtliche aus dem Angelverein Rothemann und dem Aquarien- und Terrarienverein "Scalare" halfen bei der Elektrobefischung im Döllbach. / Foto: Sven Haustein
Sind für das Artenschutzprojekt "Schneider" verantwortlich: Biologe Christoph Dümpel-mann (links) und Ranger Joachim Walter. / Foto: Sven Haustein

Der Schneider (Alburnoides bipunctatus) ist mit einer Länge von maximal 18 Zentimetern ein relativ kleiner Schwarmfisch. Als Speisefisch ist er wirtschaftlich gesehen eher uninteressant – nicht aber in der Tierwelt: Hier ist er ein wichtiger Bestandteil in der Nahrungskette weiterer Arten. Im Rahmen des Artenschutzprojekts wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Exemplare in Döllbach, Nüst, Ulster und Haune ausgesetzt. Der Erfolg wird regelmäßig kontrolliert – so auch in diesem Jahr. An vier Abschnitten der Gewässer Döllbach, Haune und Nüst wurden im Hünfelder Stadtteil Nüst, in Margretenhaun (Petersberg) sowie in den Eichenzeller Ortsteilen Rothemann und Kerzell Fischbestandsaufnahmen durchgeführt. Mit dabei waren Joachim Walter, Ranger bei der Hessischen Verwaltung des Biosphärenreservats, der Biologe und Fischereiexperte Christoph Dümpelmann, die Gewässerpächter, Praktikantin Anne Bauer (Hessische Verwaltung), Commerzbank-Umweltpraktikant Tobias Möller (Verein Natur- und Lebensraum Rhön) sowie zahlreiche Freiwillige, die bei der Elektrobefischung unterstützten.

Das genehmigungspflichtige Elektrofischen, das strengen Vorschriften unterliegt, ist eine schonende Methode, die vor allem im wissenschaftlichen Fischfang eingesetzt wird, um Bestandserhebungen und Analysen von Artenvorkommen durchzuführen. Elektrofischen funktioniert mit Gleichstrom, der im Wasser eine Spannung erzeugt. Wird der Kescher in das Wasser geführt, schließt sich der Stromkreis, und die Fische werden betäubt. Mit dem Kescher werden sie sorgfältig aufgenommen und nach den notwendigen Untersuchungen wieder zurückgesetzt. Die durch den Strom „angelockten“ Fische erholen sich innerhalb weniger Sekunden.

Gefahr durch invasive Arten

Auf diese Weise konnten Bachschmerlen, Gründlinge, Koppen, Bachneunaugen, Stichlinge, Forellen sowie Hunderte Elritzen gefunden werden. Und – zur Freude aller Beteiligten – auch der gesuchte Schneider. In den vier Gewässerabschnitten wurden insgesamt 22 der seltenen Fische gefunden, die Hälfte davon in Kerzell. Auch reproduzierende Exemplare waren dabei. Nach erfolgreichem Zählen und Vermessen wurden fast alle Fische wieder ihrem natürlichen Lebensraum überlassen – mit Ausnahme der nicht-heimische Arten. Denn auch sie werden zunehmend zum Problem in den regionalen Gewässern: Der amerikanische Signalkrebs zum Beispiel überträgt eine Krankheit, gegen die er selbst resistent ist, die aber zum Verhängnis für den heimischen Edelkrebs wird. „Viele Aquarienbesitzer setzen ihre Tiere in der Natur aus, wenn sie sie loswerden wollen. Die meisten wissen leider nicht, dass sie damit großen Schaden anrichten“, erklärt Joachim Walter. Erneut wurden neben dem in der Rhön streng geschützten Edelkrebs auch Signalkrebse gefunden, die – ebenso wie Regenbogenforellen und Blaubandbärblinge – nicht wieder zurückgesetzt wurden.

Ehrenamt wichtige Stütze

Die vielen Projekte im länderübergreifenden UNESCO-Biosphärenreservat Rhön leben von der Mithilfe durch die Bevölkerung. Bestes Beispiel ist das Rotmilan-Projekt, das ohne die rund 120 ehrenamtlichen Kartiererinnen und Kartierer aus Bayern, Hessen und Thüringen in dieser Form nicht umsetzbar wäre. Auch für den Schneider sind seit langem zahlreiche Freiwillige im Einsatz. Zu den Unterstützern zählt unter anderem der Fuldaer Aquarien- und Terrarienverein „Scalare“ 1925/55 e.V. Fulda, der ebenfalls Projektpartner im Artenschutzprojekt Karausche ist. Auch die Karausche ist eine ehemals weit verbreitete und heute stark gefährdete Fischart. „Das Zusammenspiel von Haupt- und Ehrenamtlichen in diesen wichtigen Projekten läuft gut und hat sich über viele Jahre bewährt“, lobt Sven Haustein von den „Scalaren“. 

Im Umweltzentrum Fulda zu sehen

In der Natur den seltenen Schneider zu entdecken, ist eher unwahrscheinlich. Beobachten kann man ihn im Landkreis Fulda trotzdem: im Aquarium im Umweltzentrum Fulda. „Aus der Nähe kann man sehr gut das Seitenlinienorgan der Fische erkennen. Es sieht aus wie eine Naht – daher auch der Name Schneider“, erklärt Geschäftsführer Alexander Sust, der mit seinem Team ebenfalls Natur- und Artenschutzprojekte erfolgreich vorantreibt. Das Umweltzentrum hat montags bis freitags jeweils von 9 bis 19 Uhr geöffnet.

Wie geht es im Projekt weiter?

Noch in diesem Jahr erfolgt ein weiterer Besatz – Ende Oktober werden 2000 Schneider in Nüst und Haune gelassen.

Autor