Sieblos-Museum Poppenhausen

Dort, wo heute in der Nähe des Wasserkuppengipfels in einer Höhe von knapp 700 Metern rauer Wind über die offenen Fernen weht, wuchs vor 33 Millionen Jahren ein tropischer Urwald, in dessen Mitte ein warmer See lag, über dem glitzernde Libellen schwirrten, und in dem Krokodile nach Schildkröten und Raubfischen jagten oder versuchten, das kleine Säugetier am Ufer zu schnappen. Wer diese Beschreibung nicht glauben mag, der kann sich die Beweise dafür im Sieblos-Museum in Poppenhausen anschauen.

Dieses paläontologisch-geologische Museum im Tiefparterre des Rathauses zeigt Fossilfunde aus der Nähe des kleinen Dorfes Sieblos. Zutage getreten waren die Versteinerungen um 1858 im Abraum einer Bergbaugrube, in der eine Art Braunkohle (genauer: Dysodil oder Faulschlammkohle) abgebaut wurde. Während die ersten Funde des Weyherser Apothekers E. Hassenkamp im Geologisch-Paläontologischen Institut der Universität Würzburg und dem Natur-Museum Senckenberg lagern, schenkte der Poppenhausener Hobby-Paläontologe Hugo Schubert (1914 bis 2005) seine Sammlung dem Vonderau Museum und seiner Heimatgemeinde. Mehr als 8000 Versteinerungen, darunter neben Pflanzenfossilien die Reste von Insekten, Fröschen, Krokodilen, Schalen von Schildkröteneiern und Vogelbeinfragmente hatte er entdeckt. Unter den Wirbeltierfunden war ein kleiner barschartiger Fisch am häufigsten vertreten, der sogar den wissenschaftlichen Namen Smerdis sieblosensis (heute Dapaloides Siblonensis) erhielt.

Mit einem Alter von 35 Millionen Jahren stellt die Fossillagerstätte ein sonst in Deutschland nicht präsentes Bindeglied zwischen den Formationen von Messel (vor 49 Millionen Jahren) und jüngeren im Jungtertiär dar. Sieblos ist nicht nur fossilreicher als andere Braunkohlenablagerungen in der Rhön, sondern auch wesentlich jünger. Eine Sonderstellung nimmt die Fundstelle zudem ein, weil es sich bei ihr europaweit um das bislang einzige Süßwasserbiotop im Unteren Oligozän handelt. Antworten zur Entstehung und sedimentären Abfolge lieferten 1994 zwei aufwändige Kernbohrungen, die unter anderem aus LEADER-Mitteln des Biosphärenreservats Rhön finanziert wurden. Doch Wissenschaftler sehen nach wie vor Forschungsbedarf, da mit den Bohrungen nur Randbereiche des (oder der) Gewässer erfasst worden sind.