Tipps für Eltern in der Corona-Krise: Nicht an starren Regeln festhalten

Überall nur noch ein Thema: Corona. Eltern sind besorgt, Schulen, Kitas und Geschäfte bleiben geschlossen, vermummte Menschen mit Atemschutzmasken verunsichern und ängstigen Kinder. Wie geht man am sinnvollsten mit den Befürchtungen der Jüngsten unserer Gesellschaft um? Und wie gestaltet man den Alltag in der Familie, der es mit sich bringt, plötzlich täglich 24 Stunden zusammen zu sein? Diplom-Sozialpädagogin Kirsten Hückel-Dege von der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Landkreises Fulda gibt Eltern Tipps.

Bleiben Sie ruhig: Wenn Eltern beunruhigt und ängstlich reagieren, wird sich dies auf ihre Kinder übertragen. Eltern sollten deshalb ruhig und kindgerecht erklären, was man selbst tun kann und was von anderen unternommen wird. Reden Sie mit Erwachsenen über Ihre eigenen Ängste, um sich zu entlasten – Kinder sind hierfür keine geeigneten Gesprächspartner.

Klären Sie auf: Erklären Sie Ihren Kindern ruhig und altersangemessen, was das Corona-Virus ist. Hier gilt: Je jünger Ihre Tochter oder Ihr Sohn sind, desto weniger detailreich sollten Ihre Erläuterungen sein. Erzählen Sie, dass es sich beim Corona-Virus um eine neue Erkrankung handelt, über die die Ärzte noch nicht sehr viel wissen. Fügen Sie unbedingt hinzu, dass im Moment mit Hochdruck nach einem Mittel und einem Impfstoff geforscht wird, viele Krankheitsverläufe mild sind, Kinder selbst weniger gefährdet erscheinen, und was man selbst tun kann, um sich zu schützen.

Wenig Sozialkontakte: Sprechen Sie mit Ihren Kindern darüber, dass die geliebten Großeltern nicht besucht werden können, um sie zu schützen. Der Verzicht auf persönliche Kontakte mit Klassenkameraden und Freunden soll die schnelle Verbreitung des Virus verhindern. So können auch Sie einen persönlichen Beitrag zur Überwindung der Krise leisten.

Rituale weiterführen: Wir wissen, dass gerade in Krisenzeiten eine gesunde Dosis von Ritualen helfen kann, um dem „Chaos“ und der Unvorhersehbarkeit des Alltags entgegen zu wirken. Rituale beruhigen und helfen, Stress zu bewältigen. Versuchen Sie daher eine gewisse Alltagsstruktur mithilfe von Lern- und Spielzeiten, gemeinsamen Mahlzeiten und eben den Gewohnheiten, die in Ihrer Familie Tradition haben, aufrechtzuerhalten. Vielleicht können Sie auch neue installieren, zusammen die Mahlzeiten zubereiten, Aufgaben im Haushalt verteilen oder ein Familientagebuch führen. Sicherlich haben Sie eigene kreative Ideen, die zu Ihrer Familie passen.

Erziehung in „Slow Motion“: Da wir alle nicht wissen, wie lange der familiäre „Ausnahmezustand“ noch andauert, ist es wichtig, auf die eigenen Energiereserven zu achten, und weniger hilfreich, jetzt auf die beharrliche Einhaltung von Regeln, Konsequenzen und Co. zu bestehen. Eltern sollten nicht die komplette Anarchie in die Kinderzimmer einziehen lassen. Es entlastet aber alle Beteiligten, etwas lockerer im Umgang mit Fernsehen, PC und Handy zu sein. Kinder können gut erkennen, wann es sich um eine Ausnahmesituation handelt, und werden wieder in den Alltagsmodus umschalten, wenn alles vorbei ist. Konsequenz in der Erziehung bedeutet nämlich, eine hohe Anpassungsfähigkeit an die aktuelle Situation verbunden mit dem nötigen Augenmaß zu finden, und nicht das Durchsetzen starrer Regeln und Erwartungen.

Mitarbeit von Kindern im Haushalt

Eine Möglichkeit, der aktuellen Situation einen Nutzen abzugewinnen, kann die Einbeziehung der Kinder in die Hausarbeit sein, meint Marzena Kowalski-Zimmer von der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Landkreises Fulda. Fachexperten seien sich, so die Diplom-Sozialpädagogin, einig: „Kinder, die im Haushalt helfen, profitieren hiervon in vielerlei Hinsicht: Sie lernen, sich besser zu organisieren, und erleben ein starkes Gemeinschaftsgefühl.“

  • Gemeinsam kochen oder backen ist ein sinnvoller Zeitvertreib, der nebenbei auch das Wir-Gefühl stärken und wichtige Fähigkeiten für die Schule fördern kann.
  • Beim Brot schmieren oder Socken zusammenlegen beispielsweise trainieren im Haushalt mithelfende Kinder die richtige Kraftdosierung und Koordination von Bewegungen, was wiederum  beim Schreiben hilfreich ist.
  • Beim Tisch decken wird das mathematische Verständnis für Größen und Zahlen intuitiv entwickelt.
  • Auch beim Frühjahrsputz oder bei der Gartenarbeit können sich Kinder einbringen. Oft lassen sie sich dafür begeistern, in der Erde zu graben, Gemüse anzubauen oder bei gemeinsamen Pflanzaktionen mitzuwirken. 

Gelassenheit und Humor

Diese Kompetenzen ließen Kinder reifen sowie eigenständiger und selbstbewusster handeln, unterstreicht die Diplom-Sozialpädagogin. Einschränkend weist sie darauf hin, dass Tätigkeiten im Haushalt aber keine Strafe, sondern eine Herausforderung darstellen sollten, die auch Spaß machen könne. „Und weil Kinder vor allem durch Handeln lernen, erleben sie sich dabei als kleine Selbstentwickler und Selbstorganisatoren, die später solche Aufgaben ebenfalls mit Offenheit, Lernfreude und Gestaltungslust übernehmen.“

Für Eltern bedeute das allerdings, sich in Gelassenheit und Humor zu üben, denn beim Mithelfen gehörten zerbrochene Teller und Tassen dazu, und die Vorstellung der Kinder von Ordnung entspreche nicht immer der ihrer Eltern. Man sollte Geduld haben, wenn das Aufräumen etwas länger dauere. „Erwarten Sie nicht zu viel“, betont Marzena Kowalski-Zimmer. Wenn sich Kinder überfordert fühlten, würden sie schnell die Lust verlieren. Im Übrigen sei Lob der beste Weg, um neue Verhaltensweisen zu erlernen und Kinder zu motivieren.