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Biosphärenreservat Rhön
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Zum Tod von Dr. Franz Müller: Trauer um einen Rhöner Naturschützer der ersten Stunde

Die Rhön trauert um Dr. Franz Müller aus Gersfeld-Hettenhausen (Landkreis Fulda). Franz Müller ist am 3. August 2023 im Alter von 83 Jahren verstorben.

Fotos: Anna-Lena Bieneck, Reinhard Kolb
Schon lange vor der Wiedervereinigung haben sich in den drei Bundesländern ehrenamtliche Naturschützer für den Erhalt der Rhöner Kulturlandschaft eingesetzt. Nach der Wende vernetzten sie sich schnell. Links im Bild Franz Müller. / Magazin "Quick", 1. Februar 1990

Nachruf

„Mit Dr. Franz Müller verlieren der Landkreis Fulda und die Rhön einen vielfältig engagierten Naturschützer der ersten Stunde. Mehr als vier Jahrzehnte lang hat der weit über die Region hinaus bekannte renommierte Wissenschaftler die Entwicklung des Biosphärenreservats Rhön kritisch und konstruktiv begleitet und den ehren- und hauptamtlichen Naturschutz in der Region nachhaltig geprägt. Bereits Ende der 1980er-Jahre war Franz Müller gemeinsam mit dem Gründungsmitglied und langjährigen Vorsitzenden der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz, Willy Bauer, ein Verfechter und Vorkämpfer für das Biosphärenreservat. Dank seines Engagements und seiner Kontakte zu Naturschützern über die Grenze hinweg konnte damals direkt nach dem Mauerfall die einmalige Chance zur Schaffung des länderübergreifenden UNESCO-Biosphärenreservats Rhön genutzt werden.

Seit der Anerkennung des Biosphärenreservats im Jahr 1991 war Franz Müller Mitglied im Verein Natur- und Lebensraum Rhön, dem Förderverein der Biosphäre in Hessen. Hier brachte er sich jahrzehntelang durch seine Mitarbeit in verschiedenen Fachforen aktiv ein – ebenso wie in den Gremien weiterer Naturschutzverbände im Landkreis. Dabei war der Rat des Zoologen, Wildbiologen und Jägers, der über ein umfangreiches ökologisches Wissen verfügte, stets wichtig und geschätzt.

Mit großer Leidenschaft kämpfte Franz Müller zeitlebens für das Rote Moor und für den Schutz der Birkhühner in der Rhön. An der Ausweisung des NSG Rotes Moor war er genauso beteiligt wie an den folgenden Renaturierungsmaßnahmen in den 1980er-Jahren – sowohl als wissenschaftlicher Begleiter als auch praktisch als ehrenamtlicher Schutzgebietsbetreuer. Lange Jahre erforschte er die Lebens- und Verhaltensweisen der Birkhühner in der Rhön. Nie wurde der „Birkhuhn-Papst“ müde, sich für mehr Biotopschutz, die Reduktion der natürlichen Feinde des Birkwilds und die Reduzierung der Störungen durch touristische Nutzung einzusetzen.

Viele seiner Beobachtungen hat Franz Müller publiziert und mit detaillierten Zeichnungen und Illustrationen – unter anderem für Bestimmungsschlüssel zu Körper- und Schädelmerkmalen von Kleinsäugern und Fledermäusen – für die Naturwissenschaft festgehalten.

Im Landkreis Fulda, im länderübergreifenden Biosphärenreservat und im Verein Natur- und Lebensraum Rhön wird Dr. Franz Müller als geschätzter, oft streitbarer, aber immer auch hilfsbereiter Ratgeber in Erinnerung bleiben.“

 

Bernd Woide, Landrat des Landkreises Fulda

Torsten Raab, Leiter Hessische Verwaltung UNESCO-Biosphärenreservat Rhön

Dr. Hubert Beier, 1. Vorsitzender Verein Natur- und Lebensraum Rhön

Martin Kremer, Geschäftsführer Verein Natur- und Lebensraum Rhön

 

Nachruf des Vonderau Museums Fulda

"Der am 26. November 1939 in Müglitz, Kreis Hohenstadt im Sudetenland geborene Franz Müller kam nach der Vertreibung im Jahr 1946 mit seiner Familie nach Fulda. Nach seinem Abitur 1960 an der Winfriedschule studierte er in Marburg und Gießen Biologie. Seine Doktorarbeit bezog sich auf langjährige ethologisch-ökologische Freilandstudien des Auerhuhns im Eichenzeller Wald.

Franz Müller entwickelte früh eine tiefe Verbundenheit zur Natur. Seine äußerst präzisen Beobachtungen in der Natur, insbesondere von Vögeln und Säugetieren, dokumentierte er mit Text und handgefertigten Zeichnungen. Sein künstlerisches Talent baute er durch Studien verschiedener Zeichentechniken am Institut für Kunstgeschichte, Malerei und Grafik weiter aus, um seine naturwissenschaftlichen Dokumentationen zu perfektionieren. Seine Zeichnungen findet man nicht nur in zahlreichen naturwissenschaftlichen Publikationen, sondern auch in Wandbildern des Vonderau Museums. Darüber hinaus erlernte er im Studium die wissenschaftliche Präparation von Tieren, das Gewinnen von Tierhäuten und Vogelbälgen sowie die Schädel- und Skelettpräparation zu Bestimmungszwecken.

Nach seiner Promotion arbeitete Müller zunächst für den Arbeitskreis Wildbiologie an der Universität in Gießen. Gegenstand der Tätigkeit dort waren Untersuchungen zu Waldschnepfe, Rebhuhn, Hase, Rot, Muffel- und Rehwild. Damals entstanden seine Publikationen der „Wildbiologischen Informationen für den Jäger“.

Ab März 1988 trat Franz Müller die Stelle als Abteilungsleiter Naturkunde des Vonderau Museums an, die er bis zu seiner Verrentung im Jahr 2004 mit großem Engagement ausfüllte. Ein Glanzpunkt seiner Arbeit sind die dortigen Dioramen zu verschiedenen Lebensraumtypen, bei deren Betrachtung der Besucher in die Rolle des Naturbeobachters schlüpft und die auch heute noch eine hohe Anziehungskraft insbesondere für Kinder und Jugendliche haben. Auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand stand er dem Museum gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Über viele Jahre war er Mitglied des Naturschutzbeirats des Landkreises Fulda, wo er als erfahrener Naturschützer, kritischer Mahner und konstruktiver Fachmann galt. An der Vorbereitung zur Ausweisung und auch an der weiteren Ausgestaltung der Rhön als Biosphärenreservat war er von hessischer Seite maßgeblich beteiligt. Viele der heutigen Naturschutzgebiete in Osthessen und in der Rhön wurden auf seine Initiative hin ausgewiesen, man denke nur an das Rote Moor oder den Schafstein.

Im Jahr 1970 trat Franz Müller in den neu gegründeten Verein für Naturkunde in Osthessen e. V.  ein, wo er bis zu seinem Tod im Vorstand aktiv war. Insbesondere bereicherte er die Schriftenreihe „Beiträge zur Naturkunde in Osthessen“ mit zahlreichen Publikationen und fertigte für andere Autoren aber auch immer wieder Zeichnungen an.

Franz Müller war bis zuletzt wissenschaftlich aktiv. Rund 180 wissenschaftliche Publikationen erschienen unter seinem Namen, zuletzt die „Beobachtungen an der Heidelerche im Landkreis Fulda“. Ein weiteres ehrenamtliches Engagement galt der Naturschutzvereinigung „Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz“, die er landesweit und auf Kreisebene maßgeblich geprägt hat.

Mit Dr. Franz Müller verliert die Region eine Persönlichkeit, die sich bis zuletzt für einen respektvollen Umgang mit der Natur eingesetzt hat. Die Region Osthessen verliert mit ihm einen vorzüglichen Kenner der heimischen Natur, einen Menschen, der die Natur liebte und seinen Mitmenschen dafür die Augen öffnete. Ihm gebührt dafür großer Respekt, Dank und hohe Anerkennung."