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Biosphärenreservat Rhön
mensch, natur, einklang,

Vor 30 Jahren legte das Nationalparkprogramm mit der DDR-Verordnung den Grundstein für das Biosphärenreservat Rhön

Die letzte Sitzung des DDR-Ministerrats vor dessen Auflösung, der letzte Tagungsordnungspunkt – und sozusagen die letzten Minuten vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik: Mit der Verabschiedung des Nationalparkprogramms ist der 12. September 1990 in die Geschichte des deutschen Naturschutzes eingegangen. Der Beschluss, 14 große Naturlandschaften dauerhaft unter Schutz zu stellen, legte vor 30 Jahren den Grundstein für das spätere länderübergreifende UNESCO-Biosphärenreservat Rhön.

Ein unscheinbares Gebäude mit großer Bedeutung: Im Herbst 1990 bildete Karl-Friedrich Abe in Kaltensundheim den Aufbaustab des Biosphärenreservats Rhön. Der zunächst einzige Einrichtungsgegenstand: eine Obststiege. / Foto: Anna-Lena Bieneck
Karl-Friedrich Abe und seine Nachfolgerin Ulrike Schade vor der Propstei Zella – seit zehn Jahren Dienstsitz der Thüringer Verwaltung des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön. / Foto: Anna-Lena Bieneck
Mit der Verabschiedung des Nationalparkprogramms wurde auch die „Verordnung über die Festsetzung von Naturschutzgebieten und einem Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung mit der Gesamtbezeichnung Biosphärenreservat Rhön“ angenommen. / Foto: Anna-Lena Bieneck

Schon einige Tage vorher, ab dem 1. September, saß der damals 35-jährige Karl-Friedrich Abe in einem schmucklosen Flachbau der ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) Kaltensundheim – zunächst dienten lediglich eine Obststiege und ein Telefon als Büroausstattung. Die Aufgabe: den Aufbaustab für den thüringischen Teil des im Nationalparkprogramm vorgesehenen Biosphärenreservats Rhön zu bilden. „Das war ein Wagnis – schließlich gab es das Gesetz noch gar nicht“, erinnert sich Karl-Friedrich Abe heute. Seit einem Jahr ist er nun im Ruhestand, im Oktober 2019 hatte er sich als dienstältester deutscher Leiter einer Biosphärenreservatsverwaltung verabschiedet. Heute, 30 Jahre nach der Wiedervereinigung, blickt er zurück auf die Anfänge „seines“ Biosphärenreservats.

„In der Rhön gab es schon immer Menschen, die sich für den Erhalt der Natur und der Kulturlandschaft  einsetzten – schon lange vor der Ausweisung des Biosphärenreservats“, betont Abe. Die Grenzöffnung machte schließlich den engen Austausch zwischen Naturschützern aus Bayern, Hessen und Thüringen möglich. „Am Donnerstag fiel die Mauer, am Freitag holte ich mir ein Visum, und am Samstag fuhr ich zum Wandern“, erzählt Abe. Schwarzes Moor, Heidelstein, Kreuzberg, Wasserkuppe, Rotes Moor, das alles in rasantem Tempo – jede freie Sekunde verbrachten Abe und seine Frau in der Bayerischen und Hessischen Rhön. „Man wusste ja nicht, wie lange diese neu gewonnene Freiheit anhalten würde.“ Schnell fasste er dabei Kontakte zu Willy Bauer, Dr. Franz Müller und Reinhard Kolb von der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie (HGON), die später mit Abe, Dr. Aribert Bach, Klaus Schmidt und Volker Trauboth aus Thüringen sowie Ludwig Sothmann aus Bayern eine deutsch-deutsche Arbeitsgruppe ehrenamtlicher Naturschützer bildeten. Bereits im Januar 1990 gab es dann konkrete Überlegungen zu gemeinsamen Naturschutzprojekten, es wurde an einer Gebietsabgrenzung für ein länderübergreifendes Schutzgebiet gearbeitet. Der erste Arbeitstitel: Landschaftsreservat. „Die Schutzkategorie Biosphärenreservat kannte man damals im Westen noch nicht“, erklärt Abe. Auf einer Arbeitstagung am 13. Februar 1990 in Berlin verständigte man sich schließlich auf den Begriff Biosphärenreservat Rhön. Im Juni 1990 wurde Abe dann auf einer Tagung im „Lämmchen“ im hessischen Schlitzenhausen gefragt, ob er den Aufbaustab des künftigen Biosphärenreservats leiten wolle. „Ich hatte zwei Stunden, um mich zu entscheiden. Noch am selben Tag musste ein Name nach Berlin gemeldet werden.“

„Alles war noch im Aufbau, es herrschte große Euphorie"

So war Abes Karriere als Berufsschullehrer beendet, drei Monate später saß er in dem Flachbau in Kaltensundheim. Mit der Verabschiedung des Nationalparkprogramms wurde auch die „Verordnung über die Festsetzung von Naturschutzgebieten und einem Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung mit der Gesamtbezeichnung Biosphärenreservat Rhön“ angenommen, die mit dem Einigungsvertrag in bundesdeutsches Recht überführt wurde. „Somit hatten wir eine Handlungsbasis“, sagt Abe. Eine der ersten Aufgaben des Aufbaustabs: Die Anerkennung durch die UNESCO musste auf den Weg gebracht werden. Im November 1990 stand der Entwurf für die thüringische Antragstellung, der später mit den bayerischen und hessischen Teilanträgen nach Bonn und von da als „Gesamtantrag Rhön“ nach Paris geschickt wurde. Die Übergabe der Anerkennungsurkunde an die drei Umweltminister folgte im Jahr 1991. „Das alles ging damals sehr schnell“, sagt Karl-Friedrich Abe. „Alles war noch im Aufbau, es herrschte große Euphorie. Die friedliche Revolution war ein Glücksfall für den Naturschutz in Deutschland und in der Rhön.“

Festjahr 2021 - 30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön

30 Jahre UNESCO-Anerkennung des Biosphärenreservats Rhön soll im Jahr 2021 mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen gefeiert werden – unter dem Motto „Mensch.Natur.Einklang“. Auch Karl-Friedrich Abe wird dabei sein. Er ist heute stolz auf die länderübergreifende Zusammenarbeit zwischen Bayern, Hessen und Thüringen, die besonders in den vergangenen Jahren noch weiter gefestigt worden sei. Die größten Aufgaben für die Zukunft? „Im breiten Miteinander an einer nachhaltigen Entwicklung arbeiten und den internationalen Status erhalten“, sagt Karl-Friedrich Abe. Die drei tragenden Säulen dabei: „Klima, Biodiversität – und die Menschen im Biosphärenreservat.“ Abes Nachfolgerin Ulrike Schade steht damit vor ganz anderen Herausforderungen als noch vor 30 Jahren. „Neben dem Schutz der Natur mit ihren Tieren und Pflanzen stehen heute vor allem Themen wie Regionalentwicklung und Bildung für nachhaltige Entwicklung im Vordergrund – und neben dem Klimaschutz die Frage, wie nachhaltiges Wirtschaften und Zusammenleben künftig funktionieren kann.“

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