Wie viele Sagen sich um die Rhön drehen, lässt sich schwer einschätzen – es dürften Hunderte sein. Publikationen mit Sammlungen solcher Geschichten finden sich in den Bibliotheken und Archiven viele. Elf der Rhöner Sagen kann man seit dem Jahr 2008 bei Wanderungen auf die Spur gehen – drei in Hessen und je vier in Bayern und Thüringen. Anlässlich des Deutschen Wandertags, der damals in der Rhön stattfand, hatte die damalige Rhönklub-Präsidentin Regina Rinke an originalen Sagen-Schauplätzen Informationstafeln aufstellen lassen. „Ich wollte unbedingt etwas tun, um Kinder zum Wandern zu bewegen“, erinnert sich die ehemalige Grundschullehrerin heute. Schnell kam ihr der Gedanke, Rhöner Sagen mit Wandertouren. Sie wählte elf Sagen aus und formulierte sie zur Vereinfachung neu, um sie für Kinder verständlich zu machen. Der Dörmbacher Künstler Lothar Reichardt lieferte für jede Infotafel eine Illustration. Die Sagenwanderungen sind bis heute ein beliebtes Erlebnisangebot im länderübergreifenden UNESCO-Biosphärenreservat Rhön.
Im Sommer 2023 ist das Angebot digital erweitert worden. Den Anstoß hierzu hatte die professionelle Opernsängerin und Sprecherin Evelyn Krahe gegeben. Sie war während eines Urlaubs in der Rhön begeistert von den Sagen-Tafeln und nahm spontan Kontakt zum NBR auf. „Ich liebe Märchen, und ich liebe die Natur. Die Rhöner Sagen regen auf ganz besondere Weise die Fantasie an – es entsteht ein ganz neuer Zugang zur Natur, die uns umgibt“, sagt Krahe. Die Sängerin hat die Sagen in ihrem Studio eingesprochen. Zu den rund zweiminütigen Audiodateien gelangt man nun mittels QR-Codes, die der NBR auf den Infotafeln angebracht hat. Zum Beispiel in Ginolfs: Am Basaltsee „Steinernes Haus“ startet die gleichnamige Sagenwanderung, die über den Ilmenberg zur Thüringer Hütte führt. Alternativ kann man an der Thüringer Hütte starten und der Beschilderung der Hochrhöntour (rotes H) folgen – eine der schönsten Strecken in der Hochrhön. Die Infotafel mit Text und Audiodatei findet man wenige Meter oberhalb des Basaltsees. Der Sage nach hat hier einst der Teufel ein herrliches Haus für ein junges armes Paar aus Oberelsbach gebaut. Sie zogen glücklich ein – und vergaßen total, dass der Teufel eine Bedingung gestellt hatte: Der Name Gottes dürfe nie ausgesprochen werden. Die glückliche junge Frau wollte sich aber dankbar zeigen und sagte zu ihrem Mann: „Lass uns die Hände falten und beten und Gott danken für all den Reichtum“. Sie schlugen das Kreuzzeichen – und der Teufel ließ das Haus einstürzen. Wie es dem Paar danach erging, erfährt man beim Wandern vor Ort.
Auf Einladung von NBR-Geschäftsführer Klaus Spitzl haben sich alle Beteiligten für einen erfolgreichen „Funktionstest“ am Steinernen Haus getroffen. Regina Rinke und Klaus Spitzl bedankten sich bei Evelyn Krahe für ihre Initiative und die gelungene Vertonung sowie bei Stefan Dehler vom Dehler Design Medienverlag für die Unterstützung.
Die Tourenbeschreibung aller Wanderungen sowie die Sagentexte sind im Wanderführer „Sagenhafte Rhön – 11 Sagen aus der Rhön zum leichten Erwandern für die ganze Familie“ (Dehler Design Medienverlag) zusammengefasst. Die Beschreibung der Wanderwege inklusive Karte sind zudem online zu finden.
Die Sagenwanderungen
- Die Sage von den drei Stolzen (Start am Wanderparkplatz Wanderparkplatz Dreistelz, Oberleichtersbach, Bayern)
- Wie das Giselakreuz auf den Sodenberg kam (Start am Kloster Hammelburg, Bayern)
- Die Sage vom Steinernen Haus (Start am Basaltsee in Ginolfs oder an der Thüringer Hütte, Bayern)
- Die Sage von der Teufelsmühle (Start am Wanderparkplatz Rothsee, Bischofsheim, Bayern)
- Die Sage vom Bubenbad (Start am Grabenhöfchen, Poppenhausen, Hessen)
- Wie die Ebersburg zu ihrem Namen kam (Start zum Beispiel in Poppenhausen, Hessen)
- Der Riese Mils (Start am Fuldaer Haus, Poppenhausen, Hessen)
- Die Sage von der Hexenlinde (Start am Backhaus in Klings, Thüringen)
- Das Kuppenfrauchen (Start am Wanderparkplatz in Bernshausen, Thüringen)
- Wie der Rockenstuhl zu seinem Namen kam (Start in Motzlar oder am Schlossplatz Geisa, Thüringen)
- Die Knotten am Schneckenberg (Start am Parkplatz zwischen Urnshausen und Langenfeld, Thüringen)