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Biosphärenreservat Rhön
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Neue Bergwiesen und Renaturierung der Fulda rund um die Fuldaquelle in Planung

Unterhalb der Wasserkuppe nahe der Fuldaquelle war in den letzten Wochen einiges los: Hier wird aktuell ein Fichtenwald in artenreiche Bergmähwiese umgewandelt. Dafür müssen Bäume gefällt werden. Für stark gefährdete Wiesenbrüter soll sich hier in ein paar Jahren wieder ein funktionierender Lebensraum entwickeln. Gleichzeitig soll der Oberlauf der Fulda naturnah umgestaltet werden. Die ökologische Qualität des gesamten Areals wird dadurch erheblich aufgewertet.

Der Oberlauf der Fulda vor der Renaturierung. Foto: Nadja Moalem
Von links: Elmar Herget (LIFE-Projekt), Jochen Balzer (Büro Falkenhahn), Jens Otterbein (Büro Falkenhahn), Dr. Johanna Steger (Fachdienst Natur und Landschaft) und Landschaftsökologin Gabriele Ditter besprechen die geplanten Renaturierungsmaßnahmen. Foto: Nadja Moalem
Durch diese Hutefläche soll die Fulda künftig wieder naturnah fließen dürfen. Foto: Nadja Moalem

Die Arbeiten in Zusammenarbeit mit HessenForst sind eine Maßnahme des LIFE-Projekts „Rhöner Bergwiesen“. Durch die Öffnung der Waldflächen und die Umwandlung in artenreiche Wiesen sollen der Südhang der Wasserkuppe und die Grumbachwiesen miteinander verbunden werden. Beide Lebensräume zählen im hessischen Teil des UNESCO-Biosphärenreservates Rhön zu den letzten Rückzugsgebieten von stark bedrohten Wiesenbrütern wie Wiesenpieper, Wachtelkönig und Bekassine. „Mit dieser Vernetzung kommen wir einer bereits vor vielen Jahren gestellten Forderung der Hessischen Vogelschutzwarte nach“, erklärt LIFE-Projektleiter Elmar Herget die Bedeutung der Maßnahme. Nachdem die Baumstümpfe entfernt worden sind, soll die Fläche mit Samenmaterial von benachbarten Spenderflächen eingesät werden. In vier bis fünf Jahren rechnet Herget mit einer bunt blühenden Bergmähwiese. Der Anfang ist gemacht. Neben einer Fichtenfläche der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie (HGON) wurden bereits zwei Flächen im Besitz der Gemeinde Ehrenberg geöffnet. Zwei weitere sollen in den kommenden Wochen folgen. Insgesamt können so gut vier Hektar neue Bergmähwiese entstehen. 

Bunt statt grün

Die entfallende Waldfläche gleicht HessenForst durch Neuentwicklung von Wald an anderer Stelle aus. Bei der Neupflanzung kommen Baumarten zum Einsatz, die eine höhere ökologische Wertigkeit als Fichten aufweisen. Denn die Nadelbäume gelten als besonders anfällig für den Befall von Borkenkäfern. „Als Förster finde ich es schwierig, wenn hier gesunde Bäume gefällt werden, als Naturschützer kann ich die Maßnahme aber gut mittragen. In der Rhöner Kulturlandschaft haben wir eine besondere Verantwortung für den Erhalt typischer Offenland-Arten, zu denen die Wiesenbrüter zählen. Ihre Zahlen gehen dramatisch zurück. Aus dieser Sicht ist ein relativ artenarmer Fichtenbestand weniger interessant als eine Bergmähwiese, die bis zu 60 verschiedene Pflanzen- und eine Vielzahl mehr an Tierarten beherbergt“, beurteilt Revierförster Joachim Schleicher die jetzt durchgeführten Maßnahmen, die bisweilen auch Unverständnis ernten.

Krumm statt gerade

Die Umwandlung des Waldstücks ist aber nur eine von mehreren Maßnahmen, die hier umgesetzt werden sollen. In enger Abstimmung mit dem Fachdienst Natur und Landschaft und der Unteren Wasserbehörde des Landkreises Fulda soll gleichzeitig auch der Oberlauf der Fulda renaturiert werden. Wenige Meter unterhalb seiner Quelle ist der Bach aktuell noch in ein künstlich angelegtes Bett mit befestigter Sohle aus Wasserbausteinen gezwungen. Im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie wird derzeit von zwei Büros aus Fulda und Erlensee ein gemeinsames Konzept erarbeitet, mit dem die Fulda auf einer Strecke von 500 Metern naturnah umgestaltet werden soll. Dafür müssen Rohrdurchlässe unter mehreren Wegkreuzungen zu Gunsten von Stelztunneln mit einer durchgehenden natürlichen Gewässersohle weichen. Damit die Fulda wieder ihren natürlichen Lauf finden kann, muss das künstliche Bett aus Steinen zurückgebaut werden. Die vorhandenen Basaltsteine werden als Störsteine in das neue naturnah gestaltete Bachbett eingebaut. Dadurch wird die Fließgeschwindigkeit reduziert, was gleich mehrere Vorteile hat, wie Dr. Johanna Steger vom Fachdienst Natur und Landschaft erklärt: „Durch die Maßnahme können wir das Wasser länger in der Fläche behalten. So steht es vor allem in Trockenzeiten Flora und Fauna zur Verfügung. Möglicherweise wird die Feuchtwiesen bevorzugende, stark gefährdete Bekassine künftig auch wieder hier einen Nahrungs- und Lebensraum finden. Letztlich kann mit dem Umleiten der Fulda durch die neu entstehende Bergmähwiese und die hieran anschließende strukturreiche Hutefläche ein Gewinn für den neu geschaffenen Lebensraum erzielt werden.“

Die Renaturierungsarbeiten auf den Flächen im Eigentum der HGON und des Landes Hessen können nach Erteilung aller Genehmigungen voraussichtlich im Sommer 2023 starten.    

Ein weiterer Pluspunkt der Maßnahmen ist schon jetzt sichtbar: Erstmals haben Wanderinnen und Wanderer nach dem Fällen der Fichten von der Fuldaquelle aus wieder freie Sicht auf den Südhang der Wasserkuppe. 

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