Schon seit Anfang der 90er-Jahre wird die Entwicklung der Schwarzstörche im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön genau beobachtet. Um dem Schwarzstorch weitere Nistmöglichkeiten zu bieten, werden sogenannte Kunsthorste gebaut. Ein solcher Kunsthorst wird auf einer mit Eichenbohlen stabilisierten Grundfläche in die Baumkrone gebaut, und mit kleinen Ästen und Moos entsteht eine Grundlage für die Schwarzstörche, auf der sie in den folgenden Jahren ihre Nester vergrößern. Als Zugvögel verbringen Schwarzstörche die kalte Jahreszeit in Afrika und kommen im Frühling in ihre Brutgebiete zurück. Hat sich der Nistplatz des Vorjahres als erfolgreich erwiesen, suchen Schwarzstörche über Jahre hinweg dasselbe Nest auf. An ihrem Brutplatz sind die Tiere jedoch extrem empfindlich: Schon die kleinsten Störungen, zum Beispiel Lärm durch Waldbesucher, können zur Folge haben, dass der Schwarzstorch die Brut abbricht. Aber auch natürliche Ursachen machen ihm zu schaffen: Bei starker, langanhaltender Trockenheit wie in den vergangenen beiden Sommern ist die Suche nach Nahrung – Mäuse, Frösche, Würmer und ähnliches – schwierig. Vermutlich aus diesem Grund waren die Reproduktionsraten in der Rhön in den Jahren 2018 und 2019 nicht sehr erfreulich. Hinzu kam, dass an einem der bekannten Horste ein schwerer Ast einer Buche hineingefallen war. Die Schwarzstörche konnten kurzfristig keinen alternativen Standort finden, sodass es hier zu keiner Brut kam.
Spezialist aus dem hohen Norden
Damit sich das nicht wiederholt, sind der durch den Ast zerstörte und ein weiterer Horst im Dezember 2019 wieder stabilisiert worden. Hierfür konnte die Thüringer Verwaltung des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön in Kooperation mit der Thüringer Vogelschutzwarte, den Forstämtern Bad Salzungen und Kaltennordheim sowie mit den zuständigen Revierleitern, die stets ein wachsames Auge auf die Zustände der Horste haben, Norbert Fiebach gewinnen – einen Spezialisten für Schwarzstorchhorst-Bauten aus Rothenburg/Wümme im hohen Norden. Eine Kollegin aus Meiningen, Gabriela Zentgraf, als Kletterin und Rolf Friedrich von der Thüringer Verwaltung des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön standen Fiebach hilfreich zur Seite. Trotz der teilweise sehr ungemütlichen Bedingungen – am ersten Tag war es sehr kalt, der Wind pfiff durch die Baumkronen, am nächsten Tag kamen Schnee und später Regen dazu – gelang es mit vereinten Kräften, die Unterkonstruktionen zu stabilisieren. Die Hoffnung bleibt, dass die Schwarzstörche nach ihrer Rückkehr in einigen Wochen die alten angestammten Plätze wieder annehmen.