Die natürliche, dunkle Nachtlandschaft und der (Sternen-)Himmel sind aufgrund der geringen Lichtverschmutzung in der Rhön besonders sicht- und erlebbar. Mit den Sternenparkwochen wird diese Besonderheit in den Fokus gerückt. Zu Recht: Denn dass der Sternenhimmel hier ein besonderes Erlebnis ist, kommt nicht von ungefähr. Mit der Auszeichnung des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön als internationaler Sternenpark im Jahr 2014 war das Versprechen verbunden, dass sich die Region für den Schutz der Nacht einsetzt. Die teilnehmenden Kommunen sind eine Selbstverpflichtung eingegangen und haben einer Sternenpark-konformen Beleuchtungsrichtlinie zugestimmt. Ziel ist die Umrüstung beziehungsweise Installation von Beleuchtungsanlagen, die nicht nur Energie sparen, sondern auch andere wichtige Parameter berücksichtigen: warme Lichtfarben, reduzierte Lichtmenge, zielgerichtete Beleuchtung – und diese bestenfalls auch nur dann, wenn sie wirklich gebraucht wird.
Gefährlicher Domino-Effekt
Denn: Lichtverschmutzung, also die Aufhellung des Nachthimmels durch Kunstlicht, kann je nach Ausmaß zur schädlichen Umwelteinwirkung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz werden. Und dies ist nicht nur für Tiere und Pflanzen, sondern auch den menschlichen Organismus ein Störfaktor. Die „innere Uhr“ aller Lebewesen wird seit jeher durch den verlässlichen natürlichen Wechsel von hell und dunkel synchronisiert. Unnatürliches Licht bei Nacht sendet irreführende Signale und bringt den Bio-Rhythmus aus dem Gleichgewicht. Die Folgen sind Blendung, Desorientierung, Anlockung, Erstarrung oder Abschreckung und unnatürliche Verhaltensänderungen bei der Nahrungssuche, der Kommunikation und der Fortpflanzung. Diese unmittelbaren Folgen wiederum wirken sich wie ein Domino-Effekt auf die gesamte Nahrungskette aus und können ganze Ökosysteme dauerhaft verändern – nicht nur für nacht-, sondern auch tagaktive Lebewesen.
Lichtverschmutzung ist also ein Faktor, der für den voranschreitenden Verlust der Biodiversität mit verantwortlich ist. Im Bundesnaturschutzgesetz ist die Pflicht zur Eindämmung von Lichtverschmutzung daher mittlerweile verankert. Im Sternenpark Rhön steht der Schutz der Nacht schon seit fast zehn Jahren im Mittelpunkt. Die Kommunen – darunter auch zahlreiche außerhalb der Biosphären-Kulisse – haben ihre Beleuchtung umgerüstet, viele von ihnen schalten schon seit Jahren nachts zeitweise ab. Die Aktion „Licht aus!“ am 12. August ergänzt diese regulären Maßnahmen und hat zum Ziel, dass die Bürgerinnen und Bürger ihren Ort natürlich und dunkelschön erleben können.
Teilnehmende Kommunen
An der Aktion „Licht aus!“ beteiligen sich in diesem Jahr:
Bayern: Fuchsstadt, Bischofsheim (Altstadt, Unterweißenbrunn und Wegfurt), Bad Brückenau, Bastheim, Wildflecken, Ostheim – reguläre Abschaltung nachts: Nüdlingen
Hessen: Ehrenberg (alle Ortsteile Wüstensachsen, Seiferts, Reulbach, Thaiden und Melperts – für zwei Nächte: Freitag auf Samstag sowie Samstag auf Sonntag), Oberbernhards (Jugendherberge), Petersberg (Rathaus, Kirche) – reguläre Abschaltung nachts: Tann, Gersfeld, Ebersburg, Großenlüder
Thüringen: Unterweid, Buttlar (mit Ortsteilen Wenigentaft, Bermbach, Borbels, Mieswarz, Gerstengrund), Schleid (mit Ortsteilen Motzlar, Kranlucken, Zitters), Stadt Geisa (mit Ortsteilen Borsch, Bremen, Otzbach, Wiesenfeld, Geismar, Spahl, Ketten, Apfelbach, Reinhards, Walkes)
„Wir freuen uns über die positive Resonanz aus den Kommunen“, erklären die Leitungen der Biosphärenreservatsverwaltungen, Dr. Doris Pokorny (Bayern), Torsten Raab (Hessen) und Thüringen (Ulrike Schade). „Uns ist bewusst, dass sich gern noch mehr Kommunen beteiligen würden. Die Möglichkeiten des Abschaltens in den unterschiedlichen Versorgungsgebieten sind anders geregelt und mit unterschiedlichem Aufwand verbunden. Umso schöner ist es, dass sich so viele beteiligen.“
Hintergrund zur Aktion
Kommunen stellen die Straßenbeleuchtung allen Bürgerinnen und Bürgern selbstverständlich zur Verfügung. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Beleuchtung der Straße gibt es jedoch nicht. Dem gegenüber stehen die schädlichen Auswirkungen von Licht bei Nacht als Umwelteinwirkung im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes, insbesondere in Bezug auf die Biodiversität. Nicht zuletzt ist künstliches Licht immer mit Energieerzeugung und -verbrauch verbunden. Die Aktion „Licht aus, Sterne an!“ soll an den Schutz der natürlichen Dunkelheit der Nacht erinnern und Aufmerksamkeit darauf lenken, dass künstliches Licht auch in Zeiten von LED keine Selbstverständlichkeit ist.
Hinzu kommt, dass die Betrachtung des Sternenhimmels ein gemeinschaftliches Gut und das Verstehen der astronomischen Zusammenhänge eines der ältesten Kulturleistungen der Menschheit darstellt (Kalender und Navigation). Insbesondere aber steht der massive Rückgang der Insekten im Vordergrund, denn seit dieser ins öffentliche Bewusstsein gelangt ist, wird auch der Einfluss künstlicher Beleuchtung auf das Insektensterben anerkannt, und gesetzliche Vorgaben für eine insektenfreundliche Beleuchtung werden formuliert. Unter anderem ist das Bundesnaturschutzgesetz diesbezüglich aktualisiert worden.
„Mit der Aktion wollen wir daher den Rhönerinnen und Rhönern und auch den Touristen nicht nur ein tolles natürliches Nachterlebnis, sondern auch einen erlebbaren Zugang zum Naturschutz, und – über die Astronomie – zu den Naturwissenschaften bieten“, sagt Sabine Frank, Sternenpark-Koordinatorin beim Landkreis Fulda.