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Biosphärenreservat Rhön
mensch, natur, einklang,

Kommunen zeigen bei Biosphärentagung anhand konkreter Projekte und Ideen, wie sie dem Klimawandel begegnen

Die Lage ist ernst, sehr ernst – aber noch ist es nicht zu spät: Das war Tenor der dritten länderübergreifenden Biosphärentagung, die in diesem Jahr unter dem Thema „Der Klimawandel in der Rhön – höchste Zeit zu handeln“ erstmals online ausgerichtet wurde. Im Fokus standen neben dem Aufzeigen der dramatischen Folgen für die Natur und, damit verbunden, die sich verändernde Lebensqualität im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön vor allem Projekte und Ideen der Kommunen, die sich mit Klimawandelanpassung und Klimaschutz auf vielfältige Art und Weise auseinandersetzen. So diente die Tagung als Plattform zum Ideenaustausch und zur Vernetzung der Akteurinnen und Akteure aus Bayern, Hessen und Thüringen.

Bodenerosion auf einem Acker in der Rhön als Folge eines Starkregenereignisses. / Foto: Alana Steinbauer

Die Biosphärentagung findet im jährlichen Turnus abwechselnd in den drei Bundesländern statt. Nach aktuellen Ergebnissen aus den Natur- und Artenschutzprojekten (2020, Hessen) sowie Best-Practice-Beispielen aus der nachhaltigen Regionalentwicklung (2021, Thüringen) stand in diesem Jahr nun der Klimawandel als Querschnittsthema, das alle Handlungsfelder im Biosphärenreservat betrifft, im Fokus. Für das Thema Klimawandel und die Anpassung an seine Folgen gibt es bei der Bayerischen Verwaltung des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön eine Projektstelle. Die Projektverantwortlichen Alana Steinbauer und Lisa Knur hatten die Tagung 2022 länderübergreifend organisiert – pandemiebedingt erstmals online, was dem Interesse aber keinen Abbruch tat: Mehr als 140 Teilnehmende, darunter Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen, der Landkreise und aus den Bereichen Naturschutz, Forst-, Land- und Wasserwirtschaft sowie Bildung folgten den Vorträgen und Diskussionen.

„Ich bin dankbar, dass wir dieses Thema heute gemeinsam aufgreifen“, betonte Thomas Habermann, Landrat des Landkreises Rhön-Grabfeld, der die Tagung mit einem eindrücklichen Grußwort eröffnete. „Die Biosphärenreservate rücken immer mehr als Modellregionen in den Vordergrund. Noch sind wir in der Rhön ein Hotspot für Artenvielfalt. Die Biodiversität zu erhalten, ist für die Zukunft genauso existenziell wichtig wie die Klimawandelanpassung. Hier haben wir noch großen Nachholbedarf in der Entwicklungszone des Biosphärenreservats – dort, wo die Menschen leben.“ Habermann nannte in diesem Zusammenhang unter anderem das Stichwort Bauleitplanung und klimaangepasste Bauweise.

„Die Energieversorgungskrise können wir als Chance verstehen, Klimaschutz verstärkt anzugehen“, ergänzte Dr. Doris Pokorny, seit September die neue Leiterin der Bayerischen Verwaltung des Biosphärenreservats. Dass die Kommunen im Biosphärenreservat bereits zahlreiche positive und modellhafte Beispiele in Sachen Klimawandel und -schutz vorweisen können, mache Mut – dieses Signal solle auch die Tagung setzen.

Heiße Aussichten für die Rhön

Wie in der Einführung durch Alana Steinbauer deutlich wurde, sind die Veränderungen des Klimas in der Rhön bereits heute mess- und spürbar: anhand steigender Temperaturen von im Mittel +1,2 °C, zunehmender Hitze- und Trockenperioden sowie Starkregenereignissen. Derzeit wird für die Rhön ein Anstieg um 3,6 °C bis Ende des Jahrhunderts modelliert. Um das 2015 in der Pariser Klimakonferenz international vereinbarte Ziel einer Erhöhung von maximal 1,5 Grad zu erreichen, muss also im Bereich Klimaschutz noch viel passieren.

Im Fokus standen zunächst die konkreten Herausforderungen für die Rhöner Artenvielfalt und das Ökosystem Wald. Diese veranschaulichten Dr. Tobias Birkwald als Verantwortlicher für ökologische Forschung und Monitoring in der bayerischen Verwaltung des Biosphärenreservats sowie Julia Gombert, Geschäftsführerin des Landschaftspflegeverbands Thüringer Rhön e. V. und Florian Wilshusen, Leiter des Biodiversitätsforstamts Hofbieber. Die Biotopvernetzung in der Landschaft müsse vor dem Hintergrund des Klimawandels engmaschiger werden, um Tier- und Pflanzenarten das Ein- und Auswandern zu ermöglichen. Im Wald sei neben Maßnahmen zum Wasserrückhalt und für einen zukunftsfähigen Waldumbau vor allem ein geeignetes Wildtiermanagement essentiell, um die Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktion der Rhöner Wälder auch weiterhin sicherstellen zu können. 

Mut wird belohnt

Der Themenblock „Wasser – zu viel und zu wenig“ widmete sich dem Umgang der Kommunen mit knapper werdenden Wasserressourcen einerseits und Hochwasser und Überflutungen aufgrund Starkregen andererseits. Dass dies zunächst Mut und Umdenken erfordert, aber letztlich große Wirkung zeigen und Akzeptanz in der Bevölkerung schaffen kann, demonstrierte Daniel Görke, Geschäftsleiter in Wartmannsroth. Die Gemeinde hatte einen bereits rechtskräftigen Bebauungsplan mit 29 Plätzen wieder aufgehoben, um weitere Flächenversiegelungen zu vermeiden. Weitere Referierende waren Simon Engel vom Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen, Rasdorfs Bürgermeister Jürgen Hahn, der Geisaer Bauamtsleiter Bodo Kind sowie der Fuchsstadter Bürgermeister René Gärtner.

Klimaschutz-Karte zur Sammlung von Ideen

Michael Diestel von der Agrokraft GmbH rief die Rhönerinnen und Rhöner dazu auf, sich zur Beförderung erneuerbarer Energien zu Interessensgruppen zusammenzuschließen und in geeigneter Weise zu strukturieren – die Energiegenossenschaft in der Gemeinde Großbardorf habe es vorgemacht. In den Vorträgen ging es dabei auch immer wieder um die Möglichkeiten, Förderprogramme zu nutzen. Anlässlich des Themas Hitzeschutz in Kommunen machten die Klimaschutzmanager Philipp Spitzner (Stadt Hammelburg) und Alexander Zink (Landkreis Bad Kissingen) auf eine Onlinekarte aufmerksam, in die alle Bürgerinnen und Bürger konkrete Ideen und Vorschläge für Klimaschutzmaßnahmen eintragen können. Die Karte, zu finden unter www.ideenkarte.de/landkreisbadkissingen, könne anderen Landkreisen und Kommunen hilfreiche Inspirationen liefern.

Im dritten Themenblock „Landwirtschaft und Tourismus“ ging es schließlich um Konsumverhalten und um die Vorteile des ökologischen Landbaus. Wie Maike Hamacher von der Ökomodellregion Rhön-Grabfeld) erläuterte, mildern Methoden zum Humusaufbau und Bodenschutz die negativen Wirkungen von immer ausgedehnteren Trockenperioden und sowie häufigeren Starkregenereignissen ab. Bertram Vogel (Rhön GmbH) veranschaulichte die zu erwartenden Einschränkungen der touristischen Erholungsangebote aufgrund von Hitze, Unwetter und stark abnehmenden Schneetagen. Er wies auf positive Klimaschutzeffekte durch die Nutzung regionaler Produkte und touristischer Angebote hin.

Alle sind gefragt

„Die diesjährige Biosphärentagung konnte anschaulich zeigen, dass der Klimawandel in der Rhön bereits angekommen ist und sich als Folge auch die Artenzusammensetzung, das Landschaftsbild und die Bewirtschaftung stark verändern werden“, ziehen Lisa Knur und Alana Steinbauer ihr Fazit zur Veranstaltung.

„Damit unsere arten- und strukturreiche Kulturlandschaft auch weiterhin ihre vielfältigen und lebensnotwendigen Ökosystemdienstleistungen für uns Menschen bereitstellen kann, sind alle Kommunen, Landkreise, Behörden, Verbände, Grundeigentümer, Bewirtschafter, Gewerbetreibende aber auch die Bürgerinnen und Bürger gefragt, achtsamer mit unseren Ressourcen umzugehen, zum Klimaschutz beizutragen und sich vorausschauend auf sich ändernde Bedingungen vorzubereiten. Die Tagung hat viele sehr engagierte Akteure und zukunftsfähige Ansätze in der Rhön vorgestellt. Wir hoffen, dass auf dieser Grundlage nun weiterer Austausch stattfindet, sich viele Nachahmer finden und Synergien genutzt werden. Denn das Biosphärenreservat ist insbesondere ein Lernort und Modellgebiet für nachhaltige Entwicklung.“

Themen und Kontakte 

„Wie verändert sich das Klima in der Rhön?“ – Alana Steinbauer, Bayerische Verwaltung UNESCO-Biosphärenreservat Rhön. Tel.: 0931-380-1670, Email: alana.steinbauer@reg-ufr.bayern.de

Block 1: Herausforderungen für die Rhöner Artenvielfalt und unsere Wälder: Unser Ökosystem und seine Dienstleistungen erhalten – warum das auch die Kommunen und jeden von uns betrifft

„Klimawandel – Artenwandel!?“ – Julia Gombert, Geschäftsführerin Landschaftspflegeverband Thüringer Rhön. Tel.: 036946-20656, Email: j.gombert@lpv-rhoen.de

„Kurzvorstellung: Monitoring und Veränderungen durch den Klimawandel im Biosphärenreservat Rhön“ – Dr. Tobias Birkwald, Bayerische Verwaltung UNESCO-Biosphärenreservat Rhön. Tel.: 0931-380-1672, Email: tobias.birkwald@reg-ufr.bayern.de

„Klimawandel und Forstwirtschaft am Beispiel des Forstamtes Hofbieber in der hessischen Rhön“ – Florian Wilshusen, Forstamtsleiter Hofbieber, HessenForst. Tel.: 06657-9632-11, Email: florian.wilshusen@forst.hessen.de (Anfragen bitte per Email)

„Moderation Podiumsdiskussion Block 1“ – Dr. Sebastian Vogel, Biodiversitätszentrum Rhön. Tel.: 09772-6880936, Email: sebastian.vogel@lfu.bayern.de

Block 2: Wasser – zu viel und zu wenig – Rhöner Kommunen aktiv in Katastrophenvorsorge und Klimaschutz

„Kurzvorstellung: Projekt KlimaRhön. Auswirkungen des Klimawandels auf aquatische Ökosysteme und Wasserversorgung im Biosphärenreservat Rhön“ – Laura Müller und Max Czymai, Goethe-Universität Frankfurt am Main. Tel.: 069-798-40226 und 069-798-36663, Email: la.mueller@em.uni-frankfurt.de, czymai@soz.uni-frankfurt.de

„Was tun bei zu viel Wasser: Das Sturzfluten-Konzept der Allianz Kissinger Bogen“ – Simon Engel, Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen. Tel.: 0971-8029-113, Email: simon.engel@wwa-kg.bayern.de

Maßnahmen zum Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel in Rhöner Kommunen:

"Rasdorf: Schwerpunkt Renaturierung" – Jürgen Hahn, Bürgermeister. Tel.: 06651-960115, Email: j.hahn@rasdorf.de

"Wartmannsroth: Schwerpunkt Renaturierung und Innovatives Regenwassermanagement" – Daniel Görke, Geschäftsleiter. Tel.: 09737-9102-16, Email: goerke@Wartmannsroth.de

"Geisa: Schwerpunkt Nahwärme, Bürgerbus" – Manuela Henkel, Bürgermeisterin. Tel.: 036967-69-0, Email: buergermeisterin@geisa.de

"Großbardorf und weitere: Schwerpunkt Genossenschaften" – Michael Diestel, Agrokraft GmbH und BBV NES. Tel.: 09771-62100, Email: michael.diestel@BayerischerBauernVerband.de

"Hünfeld: Schwerpunkt Begrünung, Brunnen, Hochwasserschutz" – leider ausgefallen! – Benjamin Tschesnok, Bürgermeister. Tel.: 06652-180-102, Email: buergermeister@huenfeld.de

"Fuchsstadt: Schwerpunkt Straßenumbau und Neubaugebiete" – René Gerner, Bürgermeister. Tel.: 09732-2664, Email: rene.gerner@fuchsstadt.de

"Es wird zu heiß: Hitzeschutz in Kommunen" – Philipp Spitzner, Klimaschutzmanager Stadt Hammelburg. Tel.: 09732 902-354, Email: philipp.spitzner@hammelburg.de und

Alexander Zink, Klimaschutzmanager Landkreis Bad Kissingen. Tel.: 0971-801-3152, Email: alexander.zink@kg.de

Moderation Podiumsdiskussion Block 2: Dr. Maxi Domke, Klimaschutzmanagerin Wartburgkreis. Tel.: 03695-61-6304. Email: klimaschutz@wartburgkreis.de

Block 3: Landwirtschaft und Tourismus – wir entscheiden über unseren Konsum

„#NoFilter – Wie gut kennen Sie sich mit der Klimakrise aus? Das Klimaquiz mit Hintergedanken“ – Felix Papsch, Naturerlebniszentrum Rhön. Tel.: 0931-380-1642, Email: felix.papsch@reg-ufr.bayern.de

„Ökologischer Landbau, ein Lösungsansatz für die Landwirtschaft“ – Dr. Maike Hamacher, Ökomodellregion Rhön-Grabfeld. Tel.: 09771-94-691, Email: maike.hamacher@rhoen-grabfeld.de

„Nachhaltiger Tourismus in der Rhön in Zeiten des Klimawandels“ – Bertram Vogel, Rhön GmbH. Tel.: 09749-930080-0, Email: bertram.vogel@rhoen.de

Moderation Podiumsdiskussion Block 3: Julian Megner, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bad Neustadt (Saale). Tel.: 09771-6102-1221, Email: julian.megner@aelf-ns.bayern.de

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