Waldumbaumaßnahmen in den Kernzonen der Bayerischen Staatsforsten

Seit der Erweiterung 2014 verfügt das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön im bayerischen Teil über 3.889 ha Kernzonen, in denen sich die Natur auf Dauer unbeeinflusst von menschlicher Nutzung entwickeln kann. Einige durch die Erweiterung neu ausgewiesenen Kernzonen wurden jedoch im letzten Jahrhundert großflächig mit standortfremden Fichten aufgeforstet. Um diese Fichtenforste wieder in den für die Rhön typischen Laubwald zu überführen, werden aktuell umfassende Maßnahmen zum Waldumbau durchgeführt.

Die Vorgaben des deutschen MAB-Nationalkomitees für den Umgang mit Kernzonen in Biosphärenreservaten eröffnen die Möglichkeit, über einen begrenzten Zeitraum u.a. Waldumbaumaßnahmen zur Entfernung nicht standortheimischer Bestockung und zur Förderung einer natürlichen Waldentwicklung vorzunehmen. 

Diese Waldumbaumaßnahmen wurden daher von der Regierung von Unterfranken bei der Ausweisung der Kernzonen als Naturschutzgebiet in die Verordnung übernommen. Sie gilt auch für die weiteren Flächeneigentümer, die Kernzonen eingebracht haben - die Gemeinden und den Bund.

Den größten Flächenanteil mit rund 2.600 ha brachten die Bayerischen Staatsforsten ein. Bereits bei der Auswahl und Abgrenzung der Flächen tauchte die Frage auf, wie mit den in der Rhön nicht von Natur aus heimischen Baumarten, darunter mit vor allem Fichten, umgegangen werden soll. Diese Fichtenbestände sind nicht nur standortfremd, sondern auch äußerst anfällig für Sturm- und Schneebruchschäden sowie Borkenkäferkalamitäten.

Die Bayerischen Staatsforsten haben daher im Rahmen ihres Dienstleistungsauftrages eine eigene forstliche Fachplanung (Forsteinrichtung) für alle Kernzonenflächen in ihrer Obhut erstellt, die deren weitere Behandlung im Einvernehmen mit der Regierung von Unterfranken sowie der Bayerischen Forstverwaltung festlegt. Rund die Hälfte der Kernzonenflächen weisen bereits jetzt eine naturnahe Waldvegetation auf und können ab sofort in die natürliche Entwicklung entlassen werden. Sie unterliegen dem sogenannten Prozessschutz. Für die übrigen Kernzonen sind umfassende Umbaumaßnahmen vorgesehen, um einen naturnahen Laubwald wiederherzustellen.

Die Umbaumaßnahmen auf den übrigen Flächen begannen bereits mit dem Wirtschaftsjahr 2015/2016, am 01. Juli 2015. Die Forsteinrichter der Bayerischen Staatsforsten haben alle Kernzonenflächen einzeln begutachtet und je nach derzeitiger Bestockung verschiedenen Behandlungstypen zugeordnet.

Identifiziert wurden dabei vier unterschiedliche Kategorien:

Kategorie 1 - sofortiger Prozessschutz

Es handelt sich um Bestände, die überwiegend aus heimischen Laubbäumen, wie z.B. der Buche oder Eiche, zusammengesetzt sind und sich bereits in einem weitgehend naturnahen Zustand befinden. Forstliche Eingriffe sind hier nicht notwendig.

Dies gilt für rund 1.322 ha Kernzonenfläche.

Kategorie 2a - Prozessschutz in 5 Jahren

Diese Kernzonen sind weitestgehend natürlich bestockt, weisen jedoch noch einen geringen Teil an nicht heimischen Baumarten (Bspw. Douglasie und Amerikanische Spitzeiche) oder standortsfremden Nadelbäumen (Bspw. Fichte, Lärche) auf. Diese Bäume werden in den nächsten fünf Jahren auf einmal entnommen, anschließend geht der Bestand in Prozessschutz.

Kategorie 2b - Prozessschutz in 10 Jahren

Bestände dieser Kategorie sind Mischwälder mit einem überwiegenden Anteil an standortsfremdem Nadelholz. Der vorhandene Laubholzanteil muss in den nächsten 10 Jahren durch einen oder auch mehrere forstliche Eingriffe, bei dem standortfremde Nadelbäume entnommen werden, gezielt gefördert und stabilisiert werden – danach steht der Bestand endgültig unter Prozessschutz.

Die Kategorie 2 bezieht sich auf insgesamt rund 825 ha Kernzonenfläche.

Kategorie 3 - Prozessschutz nach mehr als 10 Jahren

Diese Kategorie umfasst im Wesentlichen großflächige Nadelholzreinbestände auf schwierigen Standorten. Diese Bestände können aufgrund ihrer ungünstigen Ausgangslage meist nicht kurzfristig umgewandelt werden und müssen erst vorsichtig in Richtung der natürlichen Waldzusammensetzung entwickelt werden. Hierzu sind mehrere Eingriffe und eine Initiierung der natürlichen Verjüngung von Laubholz notwendig.

Davon sind noch rund 387 ha Kernzonenfläche betroffen.

Waldumbau als ökologische Chance

Obwohl der Anblick von schweren Forstmaschinen und flächigen Hiebsmaßnahmen in den besonders geschützten Kernzonen des Biosphärenreservats bei manchem Besucher für Verwunderung sorgt, liegt der derzeitig durchgeführte Waldumbau im ausdrücklichen Interesse des Naturschutzes.

Ein von Buchen dominierter Laubmischwald stellt nicht nur den ursprünglichen Waldtyp der Rhön dar, sondern bietet auch einer Vielzahl Lebewesen eine Heimat:

So bevorzugt die in der Rhön wieder zahlreich vorkommende Wildkatze totholzreiche Laubmischwälder, der Ästige Stachelbart, ein seltener Pilz, ist auf tote und kranke Buchen angewiesen und auch der Zwiebel-Zahnwurz kann nur in Laubwäldern überleben.

Darüber hinaus bieten die Umbaumaßnahmen die Chance, der natürlichen Walddynamik ihren Lauf zu lassen. Wird der geschlossene Wald durch Hiebsflächen geöffnet, so können natürlich vorkommende Weichhölzer wie Eberesche, Saalweide und Zitterpappel nachrücken, auf die wiederum bedrohte Schmetterlingsarten und Vögel angewiesen sind. Rückegassen und neu entstandene Waldränder werden von der Waldschnepfe zur Balz genutzt und die Strauchschicht auf Sukzessionsflächen bietet Nahrung für das Birkhuhn.

Viele dieser Tier- und Pflanzenarten sind bundesweit im Rückgang begriffen und teilweise europaweit geschützt sind, sodass der Rhön hierfür eine besondere Verantwortung zukommt. Die Waldumbaumaßnahmen helfen, diesen Arten langfristig neuen Lebensraum zu schaffen.