Restituierung von mit der Stauden-Lupine invadierten Bergwiesen im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön

Durch Mahdgutübertragung können heimische Pflanzenarten, angepasste Kleinstlebewesen und Insekten übertragen werden. Im Rahmen des Projekts wurde ein Restituierungsversuch in stark von der Stauden-Lupine invadierten Bergwiesen im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön angelegt

Halbnatürliches Grünland wie das der Bergwiesen der Rhön gehört zu den artenreichsten Ökosystemen weltweit. Die jahrhundertelange traditionelle Nutzung mit geringem Düngereinsatz und extensiver Beweidung oder Mahd, führte zu einer einzigartigen Vegetationszusammensetzung. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft fallen viele Grenzertragsstandorte in der Landschaft jedoch zunehmend aus der Nutzung.

Das Brachfallen vieler Flächen oder die Veränderung traditioneller Mahdregime, führen oft zur Ausbreitung einiger dominanter Arten oder invasiver Arten, wie zum Beispiel der Stauden-Lupine. Diese sind oft sehr konkurrenzstark und haben die Fähigkeit heimische Arten zu verdrängen. Die Wiederherstellung oder Restituierung invadierter Bergwiesen ist also ein wichtiges Ziel des Naturschutzes. Diese Dringlichkeit wird durch den Start der Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen der vereinten Nationen (UN Decade on Ecosystem Restoration) zusätzlich betont.

Methoden

Um die lokale Flora zu erhalten bzw. wieder herzustellen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine Bodensamenbank dient vielen Pflanzenarten als Speicher über „schlechte Zeiten“ und kann daher als Reservoir im Zuge von Restituierungsmaßnahmen genutzt werden. Bei einer Aktivierung der Bodensamenbank werden die oberen Bodenschichten bearbeitet, zum Beispiel mit einer Egge, und so Licht- und Wasserbedingungen geschaffen, die die im Boden vorhandenen Samen zum Keimen anregen. Wichtig für eine erfolgreiche Restituierung über die Bodensamenbank ist, dass viele keimfähige Samen heimischer Arten im Boden vorhanden sind. Im Fall invadierter Wiesen ist eine wichtige Voraussetzung zudem, dass die invasive Art keine Bodensamenbank aufgebaut hat.

Eine weitere Methode lokale Ökotypen zu erhalten ist die Mahdgutübertragung. Bei dieser Methode wird Schnittgut artenreicher Wiesen auf zu restituierende, degradierte oder invadierte Wiesen verbracht. Zu beachten ist hierbei, dass die Spenderfläche den Standortfaktoren (Klima, Bodenbeschaffenheit, Exposition usw.) der Empfängerfläche weitgehend entspricht. Das bedeutet, je geringer die Distanz und der Höhenunterschied zwischen Spender- und Empfängerfläche sind, desto besser. Durch eine Mahdgutübertragung können also heimische Pflanzenarten, aber auch angepasste Kleinstlebewesen und Insekten übertragen werden.

Im Rahmen des Projekts wurde ein Restituierungsversuch in stark von der Stauden-Lupine invadierten (Deckung > 50 %) Bergwiesen angelegt. Hierbei wurden Bodensamenbankaktivierung und Mahdgutübertragung kombiniert. Zusätzlich wurden auf einigen Flächen Lupine-Pflanzen mit Ampferstechern entfernt.

Das Restituierungspotenzial der Bodensamenbank wurde 2016 untersucht. Hierzu wurden Bodenproben aus invadierten und nicht-invadierten Bergwiesen der hohen Rhön im Gewächshaus der Universität Gießen zum Auskeimen gebracht, um zu prüfen, ob genügend keimfähige Samen unterschiedlicher heimischer Arten und gleichzeitig, ob keimfähige Samen der invasiven Stauden-Lupine im Boden vorhanden sind. Der Versuch zeigte, dass viele heimische Arten vorhanden waren, die Stauden-Lupine aber (noch) keine Bodensamenbank aufgebaut hat.

Der Restituierungsversuch wurde im Juni 2017 auf sechs invadierten Bergwiesen, der Vegetationstypen Borstgrasrasen, mesische und nasse Goldhaferwiese durchgeführt. Die Vegetation auf den Versuchsflächen wurde 2017 vor dem Versuch und in den zwei Folgejahren 2018 und 2019 jeweils Ende Mai untersucht. Um das Restituierungspotential aus dem Mahdgut zu erfassen, wurden Mischproben von jeder Spenderfläche im Gewächshaus zum Auskeimen gebracht. Auch hier keimten viele typische Arten, sodass sich die ausgewählten Spenderflächen als geeignet erwiesen.

Ergebnisse

Es zeigte sich, dass die Deckung Stauden-Lupine durch die Entfernung mit den Ampferstechern in Borstgrasrasen deutlich reduziert werden konnte. Großflächig ist das Ausstechen aber nur schwer durchführbar, da es viel Zeit und Arbeit in Anspruch nimmt. Die Entfernung muss zudem sehr gründlich geschehen, da auch kleine Stücke Wurzelsprosse der Art ausreichen, damit sie wieder austreibt (ca. 2 cm sind ausreichend).

Typische Bergwiesenarten konnten nicht gefördert werden. Dies mag aber auch an der Trockenheit in den Sommern 2018 und 2019 gelegen haben, die dafür gesorgt hat, dass die Samen nicht genügend Wasser für die Keimung zur Verfügung hatten. In den Borstgrasrasen wurde die Deckung der typischen Arten sogar reduziert. Da die hier wachsenden Arten häufig von kleiner Statur sind und ein langsames Wachstum aufweisen (Otte und Maul, 2005; Peppler-Liesbach und Könitz 2017), könnte die Mahdgutauflage sie am Wachstum gehindert haben.

Fazit

Es bleibt festzuhalten, dass das Ausstechen mit Ampferstechern eine gute Methode ist, um einzelne Lupine-Pflanzen oder kleine Bestände zu entfernen, da von diesen der höchste Invasionsdruck ausgeht (Klinger et al. 2019). Wenn eine Wiese dann frei von Lupine ist, kann mit einer Mahdgutübertragung die ursprüngliche Artenzusammensetzung wiederhergestellt werden.