Versuche zur Ausbreitung der Stauden-Lupine

Nutzungsformen wie Beweidung und Mahd leisten einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung von Bergwiesen, indem sie Samen typischer Arten zwischen Schlägen transportieren. Durch Nutzungsänderungen und Klimawandel kommen jedoch im Grünland immer häufiger invasive Arten wie die Stauden-Lupine vor. Das Vorkommen problematischer Arten stellt den Naturschutz vor den Konflikt, die Ausbreitung typischer Arten zu gewährleisten, ohne zur weiteren Ausbreitung der Problemarten beizutragen.

Die Erhaltung von naturnahem Grünland hängt stark von der Weiterführung traditioneller Nutzungsformen wie Mahd und Beweidung ab. Während der letzten Jahrzehnte wurde die traditionelle Grünlandbewirtschaftung jedoch in weiten Teilen Mitteleuropas aufgegeben. Infolgedessen hat die Fläche naturnahen Grünlands drastisch abgenommen. Die wenigen heute noch verbleibenden Grünlandflächen liegen oft isoliert in intensiv genutzten Landschaften. Infolgedessen ist eine Vielzahl von Prozessen verloren gegangen, die für die langfristige Erhaltung dieser Ökosysteme notwendig sind. Dies erleichtert die Ausbreitung invasiver Arten wie der Stauden-Lupine.

Ein besonders wichtiger Prozess ist der Transport von Samen lebensraumtypischer Pflanzen zwischen Grünlandschlägen (Poschlod und Bonn, 1998). Dadurch wird der genetische Austausch zwischen (Teil-)Populationen typischer Arten gefördert und Arten, die lokal ausgestorben sind, können von anderen Standorten wieder einwandern. Wie viele Samen einer Art transportiert werden, hängt stark von deren funktionellen Eigenschaften ab, z. B. von Wuchshöhe, Samengröße oder Blütezeitpunkt. Besonders interessant ist dabei die Frage, wie unterschiedliche Ausbreitungswege im Grünland zusammenspielen. Unklar ist vor allem, inwieweit Mahd und Beweidung zur Ausbreitung der Stauden-Lupine beitragen und mit welchem Maßnahmen die Ausbreitung verhindert werden kann.

Im Rahmen des Projekts wurde die Ausbreitung über Mähmaschinen und über den Kot von durch die Rhön ziehenden Wanderschaf-Herden untersucht. Die Beprobung der Mähwerke fand Anfang Juli, an einem typischen Mahdtermin für Bergwiesen in Mitteleuropa statt, dabei wurde nach der Mahd alles noch an den Mähwerken anhaftende Pflanzenmaterial beprobt. Bei der Beprobung der Schafe wurden über einen Zeitraum von drei Monaten wöchentlich Kotproben von drei Wanderschafherden gesammelt. Die in den Proben vorkommenden Samen wurden im Gewächshaus der Uni Gießen zur Auskeimung gebracht und die aufkommenden Keimlinge bestimmt.

Die zugrundeliegenden Annahmen waren,

  • dass Mähmaschinen oder Schafkot jeweils nur einen Teil der vorkommenden Pflanzenarten transportieren und
  • dass diese Arten sich in ihren funktionellen Eigenschaften (z. B. Wuchshöhe, Anzahl produzierter Samen oder Samengröße) voneinander unterscheiden. 

Ergebnisse

Es zeigte sich, dass die über Mähwerke transportierten Arten in ihrer Zusammensetzung stark der Zusammensetzung der Bergwiesen ähnelten. Über Schafkot wurden hingegen Ruderal-Strategen transportiert, die Artenzusammensetzung unterschied sich also deutlich von der Vegetation der Bergwiesen. Auch hinsichtlich der funktionellen Eigenschaften gab es große Unterschiede zwischen den Gruppen. So waren die über Mähwerke verbreitete Arten häufig kleinsamige Arten oder hochwüchsige Gräser, während über Schafkot verbreitete Arten durch sehr kleine Samen und leichte Verdaulichkeit gekennzeichnet waren. Es konnte damit gezeigt werden, dass beide Ausbreitungsvektoren unterschiedliche Teile der regionalen Vegetation transportieren. Dies deutet darauf hin, dass für die langfristige Erhaltung von naturnahen Grünlandgesellschaften das Zusammenspiel von Prozessen wie Mahd und Beweidung wesentlich ist.

Bei den Beprobungen an Mähwerken und Traktoren konnten nur wenige Individuen der Stauden-Lupine nachgewiesen werden. Obwohl in einem Fütterungsversuch an Schafen ein hohes Potential zur endozoochoren Ausbreitung von Lupinensamen nach Fraß nachgewiesen wurde (Otte et al. 2002), findet durch die angepasste Bewirtschaftung eine Ausbreitung nur selten statt. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass die Ausbreitung der Stauden-Lupine vermehrt über das Fell oder die Klauen der Schafe stattfindet.

Auch in den Mähwerkproben wurde bei zwölf Beprobungen 2017 nur ein Exemplar der Lupine nachgewiesen. 2018 und 2019 konnten jedoch zu späteren Mahdterminen (zum 15. Juli und 1. August; während der Samenreife der Lupine) zwischen 30 und 130 Lupinensamen pro Mahd verschleppt. Begünstigt wurde die Ausbreitung durch die warme Witterung und die damit verbundene frühe Produktion reifer Samen. Da die Stauden-Lupine durch große Samen und hohe Keimraten geprägt ist, ist eine geringe Anzahl transportierter Samen bereits ausreichend für eine erfolgreiche Besiedlung neuer Flächen. Ein an den Entwicklungsstatus der Art angepasstes Management, bei dem vor der Samenreife der Stauden-Lupine gemäht wird, ist also wichtig. Eine späte Mahd kann maßgeblich zur Verbreitung der Art beitragen.

 

Maßnahmen zur Bekämpfung der Lupine