Repräsentative Meinungsumfragen im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön
Was wissen die Rhönerinnen und Rhöner eigentlich von ihrem Biosphärenreservat und von der Arbeit der Biosphärenreservatsverwaltungen? Welche Wahrnehmung, Einstellung und welche Meinung haben sie dazu? Die gesellschaftliche Akzeptanz des Biosphärenreservats ist Voraussetzung für ein gutes Gelingen der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele. Ein „Stimmungsbild“ in der Bevölkerung liefert den Verwaltungsstellen in Bayern, Hessen und Thüringen eine wertvolle Grundlage, um Optimierungspotenzial erkennen und zukünftige Arbeitsschwerpunkte und Kommunikationsstrategien festlegen zu können. In den Jahren 2002, 2010 und 2022 sind daher im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön repräsentative Meinungsumfragen durchgeführt worden.
Die drei Verwaltungsstellen haben 2002 erstmals eine solche quantitative Repräsentativbefragung mittels Telefoninterviews (CATI-Befragung: Computer Aided Telephone Interview) auf Basis einer repräsentativen Zufallsstichprobe in Auftrag gegeben (Institut für Demoskopie Allensbach). 2010 wurde die Befragung mit identischer Methode wiederholt (tns infratest). Die Umfrage war als Messinstrument für die Einstellung der Bevölkerung zu Nachhaltigkeitsthemen von Bedeutung und damit für regionalpolitische Akteure in der Region relevant.
Im Jahr 2022 wurde die Befragung auf das 2014 hinzugekommene bayerische Erweiterungsgebiet des Biosphärenreservats ausgeweitet (forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH). Um die direkte Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, wurde die gleiche Methodik angewendet. Im Rahmen der Untersuchung wurden insgesamt 1.002 nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählte Personen befragt, die, wie bereits 2002 und 2010, nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählt wurden. Die Befragung richtete sich an alle innerhalb des Gebiets des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön lebenden deutschsprachigen Personen ab 14 Jahren in Privathaushalten.
Ergebnisse aus 2022
Den ausführlichen Ergebnisbericht mit allen Auswertungen sowie die Berichte aus den Jahren 2002 und 2010 finden Sie im Downloadbereich auf dieser Seite. Im Folgenden haben wir die wichtigsten Details zusammengefasst.
Der Ergebnisse zeigen eine hohe Identifikation der Bewohnerinnen und Bewohner mit der Rhön. Die große Mehrheit der Befragten lebt schon lange in der Rhön und lebt dort auch gerne. Über 90 Prozent bewerten die Lebensqualität vor Ort als gut oder gar sehr gut. Die Bewohner sind stolz darauf, aus der Rhön zu sein und kennen und nutzen eine Vielzahl regionaler Produkte. Sie verbinden mit der Rhön eine schöne Landschaft, Ruhe und Geborgenheit, hochwertige regionale Nahrungsmittel sowie intakte Natur. 87 Prozent denken bei „Rhön“ auch an das UNESCO-Biosphärenreservat.
Jeder zweite Befragte gibt an, mit dem Namen „UNESCO-Biosphärenreservat Rhön“ sehr vertraut zu sein. Allerdings geben auch etwas mehr als 10 Prozent – und somit etwas mehr als im Jahr 2010 – an, dass ihnen der Name gar nichts sagt. Darunter sind besonders viele jüngere Befragte.
Generell scheint das Wissen über das UNESCO-Biosphärenreservat ausbaufähig zu sein: Von den Befragten, die zumindest eine ungefähre Vorstellung vom UNESCO-Biosphärenreservat Rhön haben, wissen nur 14 Prozent, wie viele Jahre es das Schutzgebiet ungefähr gibt. Der Mehrheit der Bewohner ist zudem überhaupt nicht bewusst, dass sie innerhalb des Gebiets des Biosphärenreservats leben.
Die Frage danach, welche Aufgaben und Ziele das UNESCO-Biosphärenreservat hat, zeigt, dass die Themen Natur- und Landschaftsschutz sowie Tier- und Pflanzenschutz die Wahrnehmung der Bevölkerung prägen. Tourismus, Landbewirtschaftung und die Vermarktung lokaler Produkte werden deutlich seltener genannt.
Der Naturschutz und das Rhönschaf sind die bekanntesten Projekte, Angebote oder Produkte des UNESCO-Biosphärenreservats. Aber auch von den Befragten, die mit dem UNESCO-Biosphärenreservat vertraut sind oder zumindest eine ungefähre Vorstellung davon haben, können rund 40 Prozent keine Projekte, Angebote oder Produkte des Biosphärenreservats nennen.
Die Einstellungen zum UNESCO-Biosphärenreservat sind indes weiterhin sehr positiv: Dass es das Biosphärenreservat gibt, finden die Befragten vorwiegend sehr wichtig, vier von fünf Befragten haben insgesamt einen guten Eindruck vom UNESCO-Biosphärenreservat und eine große Mehrheit nimmt zutreffender Weise ein positives Meinungsklima in der Rhön wahr.
Mehrheitlich sind die Rhön-BewohnerInnen, die zumindest eine ungefähre Vorstellung vom UNESCO-Biosphärenreservat haben, der Meinung, dass das Biosphärenreservat ein Vorbild für viele Gegenden in Deutschland und im Ausland ist und dass es die Rhön auch für viele interessant macht, die sonst nicht herkommen würden. Zwei Drittel bescheinigen dem UNESCO-Biosphärenreservat zudem einen positiven Einfluss auf das Zusammengehörigkeitsgefühl der Rhön-Bewohner in den drei Bundesländern.
Private oder berufliche Vorteile durch das UNESCO-Biosphärenreservat sehen zwar nur wenige Befragte, eine Mehrheit sieht allerdings Vorteile für die Region Rhön – insbesondere in den Bereichen Umwelt- und Naturschutz sowie Tourismus.
Mehr als ein Drittel der Befragten hat den Eindruck, dass durch das Biosphärenreservat neue Arbeitsplätze in der Region entstanden sind.
Einen negativen Einfluss des Biosphärenreservats auf den Arbeitsmarkt in der Region sieht fast niemand. Dass sie beruflich mit dem UNESCO-Biosphärenreservat zu tun haben, indem ihr Betrieb Kontakte zum UNESCO-Biosphärenreservat hat, berichten nur wenige. Ebenso geben nur wenige der berufstätigen Befragten an, dass ihr Betrieb aufgrund des Biosphärenreservats enger mit anderen Betrieben in der Region zusammenarbeitet oder dies künftig vorhat.
Eine Minderheit der Befragten stört sich an Auflagen für die Forst- und Landwirtschaft oder bemängelt Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, die es nur in besonders geschützten Bereichen des Biosphärenreservats gibt (z.B. in Naturschutzgebieten oder Kernzonen). Aber fast niemand ist der Ansicht, dass die Nachteile für die Region überwiegen. Der Anteil der Personen, die angeben, dass es zu viele Verbote und Einschränkungen gibt, liegt mit rund 20 Prozent auf dem gleichen Niveau wie im Jahr 2010.
In vielen Bereichen hat das UNESCO-Biosphärenreservat in den Augen der Bevölkerung bereits viel oder zumindest einiges erreicht – so z.B. beim Naturschutz, bei der Vermarktung von Produkten aus der Gegend, im Bereich Tourismus sowie bei der Entwicklung zu einer umweltverträglichen Land- und Forstwirtschaft. Verbesserungspotential sehen die Befragten weiterhin vor allem bei der Verkehrsplanung und der wirtschaftlichen Situation von Kleinbetrieben.
Die Hälfte der Befragten bescheinigt dem UNESCO-Biosphärenreservat Rhön eine erfolgreiche Entwicklung in den letzten zehn Jahren. Viele Befragte sehen eine teilweise erfolgreiche, teilweise nicht so erfolgreiche Entwicklung. Fast niemand ist der Meinung, dass die Entwicklung nicht erfolgreich war.
Zwei Drittel der Befragten, die zumindest eine ungefähre Vorstellung vom UNESCO-Biosphärenreservat Rhön haben, wissen von den drei Verwaltungsstellen, und die Mehrheit davon ist der Ansicht, dass diese gute Arbeit leisten und dass dort engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind.
Dennoch gibt mehr als die Hälfte der Befragten an, dass oft nur schwer nachvollziehbar ist, warum etwas im UNESCO-Biosphärenreservat unterstützt oder verhindert wird, und nur wenige Befragte sind der Ansicht, dass die Verwaltungsstellen weniger bürokratisch sind als andere Behörden.
Daraus könnte sich als Auftrag ergeben, Entscheidungen künftig noch besser zu kommunizieren und nachvollziehbar zu erklären, da von der Bevölkerung in diesem Bereich noch keine Fortschritte wahrgenommen wurden
Von den Befragten, die zumindest eine ungefähre Vorstellung vom UNESCO-Biosphärenreservat haben, wissen 80 Prozent, dass es mehrere Informationszentren gibt. Etwa die Hälfte davon hat bereits eines der Informationszentren besucht. Mehrheitlich fühlen sich die einheimischen Besucher dort (sehr) gut informiert
Die Wahrnehmung des Informationsmaterials und der Werbung des UNESCO-Biosphärenreservat ist weiterhin gut, und die Bewertung fällt nach wie vor sehr positiv aus. Mehr als jeder fünfte Befragte, der zumindest eine ungefähre Vorstellung zum UNESCO-Biosphärenreservat hat, hat schon mindestens einmal an einem Vortrag oder einer Führung teilgenommen. Diejenigen, die bisher noch nicht teilgenommen haben, würden sich am ehesten für Vorträge und Führungen zu den Themen Natur und Umweltschutz interessieren.
Informationen zum UNESCO-Biosphärenreservat beziehen die Befragten vor allem aus Tageszeitungen und Gemeindeblättern sowie aus dem Fernsehen. Die mediale Berichterstattung wird dabei vor der Mehrheit als zutreffend angesehen. Kaum jemandem erscheint sie zu kritisch.
Wie geht es weiter?
In den kommenden Jahren gilt es nun, die Ergebnisse der dritten Umfrage in die Arbeit der Verwaltungsstellen zu integrieren. Unter anderem fließen sie in den im Jahr 2023 fälligen Evaluierungsbericht ein, der Grundlage für die anstehende nächste Evaluierung des Biosphärenreservats durch die UNESCO ist.
Vor allem für die gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltungsstellen sowie des Vereins Natur- und Lebensraum Rhön und des Vereins Naturpark & Biosphärenreservat Bayerische Rhön liefert die Umfrage wichtige Erkenntnisse. Darauf aufbauend wird mittelfristig die im Rahmenkonzept verankerte länderübergreifenden Kommunikationsstrategie erarbeitet.