Lebensraum Wasser und Moore

Die Rhön ist reich an Wasser. Und gerade da, wo es aus dem Boden tritt, quellen die feuchten Biotope über vor Leben. Hier tummeln sich Kleinlebewesen, wie die Rhönquellschnecke und der Alpenstrudelwurm, die sehr selten sind und die kaum jemand kennt. Typische Pflanzenarten am und im Gewässer sind der Eisenhut und der Flutende Hahnenfuß. 

Die Rhön ist Ursprung zahlreicher Flüsse und Bäche, unter anderem der Fulda mit der Fulda-Quelle auf der Wasserkuppe. Durch die verschiedenen Entwässerungsrichtungen stellt die Hohe Rhön, die den häufigsten Quellursprung darstellt, eine wichtige Wasserscheide dar. Nach Süden fließen Streu, Brend, Schondra, Thulba, Premich, Schmalwasser und Sinn in das Rhein-Main-System. Nach Norden entwässern Ulster, Fulda, Haune, Felda und Herpf in das System der Werra und Weser.

Die Quellen und Oberläufe dieser Fließgewässer und ihres Einzugsgebietes sind überwiegend naturnah. Besonderheiten sind in der Rhön gelegene Kalksinterquellen. Im Mittellauf sind die meisten Bäche natürlich ausgebildet und nur in kurzen Abschnitten verbaut. In der Regel werden sie von Galeriebäumen wie die Schwarzerle (Alnus glutinosa) gesäumt. Jedoch reicht die landwirtschaftliche Nutzung und damit auch der Eintrag von Dünger und Pestiziden bis an den Uferbereich heran. Neben diesen Bächen und Flüssen gibt es in der Rhön auch noch einige kleinere Seen wie den Basaltsee am Steinernen Haus bei Ginolfs, den Guckaisee, den Rothsee am Bauersberg bei Bischofsheim, den Frickenhäuser See bei Mellrichstadt und den Stausee im Roten Moor.

Moore

Moore sind feucht-nasse Lebensräume, die den ökologischen Übergang zwischen festem Land und Wasser bilden. Durch einen ständigen Wasserüberschuss herrscht starker Sauerstoffmangel, der dafür sorgt, dass organisches Material nicht vollständig abgebaut werden kann. Es bildet sich mehr organische Substanz durch die Photosynthese der Pflanzen, als zersetzt und verbraucht wird. Pflanzen verwesen also nicht, sondern werden abgelagert. Diese Besonderheit unterscheidet Moore von allen anderen Ökosystemen der Erde. Das Pflanzenmaterial sammelt sich über Jahrhunderte hinweg an und wird nach und nach zu Torf, der die Grundlage des Moores bildet. Je nach Ausprägung des Moores können sich hier hochspezialisierte, einzigartige Tier- und Pflanzenarten entwickeln.

Auf der Langen Rhön liegt das Schwarze Moor. Unter den Mooren der Hochrhön ist das Schwarze Moor eines der wenigen noch weitgehend naturnahen Hochmoore, zugleich auch deren größtes. Heutzutage zählt das Schwarze Moor zu den schönsten Geotopen Bayerns und ist als Kernzone im UNESCO Biosphärenreservat Rhön streng geschützt.

Durch groß angelegte Entwässerungen und Maßnahmen zur Landgewinnung wurden in der Vergangenheit die meisten Hochmoore in Deutschland abgetorft oder stark beschädigt. Umso wertvoller ist das Schwarze Moor ein Kleinod im Naturschutz: Schon früh wurde hier der Wert für den Naturhaushalt erkannt und das 66 ha große Moor unter Naturschutz gestellt. Lebensraumverbessernde Maßnahmen der Naturschutzbehörden und der örtlichen Kreisjägerschaft (Birkwildhegering) haben in der Vergangenheit weiterhin zum Schutz und Erhalt des Schwarzen Moores geführt.

Das eigentliche Moor hat als Kernzone des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön (seit 1997) eine Fläche von 103 ha, das gesamte Naturschutzgebiet weist sogar eine Fläche von 315 ha auf (seit 1979). Die Entstehung des Moores begann nach der letzten Eiszeit vor ca. 12.000 Jahren. Hohe Niederschlagsmengen von über 900 Millimetern pro Jahr begünstigten das Torfwachstum, so dass sich aus einem anfänglichen Niedermoor dann über die Jahrtausende hinweg ein uhrglasförmig gewölbtes Hochmoor entwickeln konnte.

Die Vegetation im verbliebenen Hochmoor ist geprägt von Torfmoosen wie dem roten Magellans Torfmoos, dem Spieß-Torfmoos, dem Rundblättrigen Sonnentau und dem Fettkraut. Insbesondere fleischfressende Pflanzen wie der Sonnentau sind ganz besondere Arten, die man nur hier im Moor finden kann. Auf dem Randgehänge des Moores wachsen bei Nebel fast mystisch wirkende Karpatenbirkenwälder mit Untergehölzen aus Besenheide, Heidelbeere und Rauschbeere.Die anschließende Niedermoorzone ist geprägt von Kleinseggenrieden, Feuchtwiesen mit Trollblumen und Borstgrasrasen. Auch die bedrohte Moosbeere, Krähenbeere und Purpur-Reitgras wachsen hier.

Zur Fauna des Roten Moores zählen über 36 Säugetierarten, darunter absolute Raritäten Sumpf- und Alpenspitzmaus, Baummarder und sechs Fledermausarten. Zur heimischen Vogelwelt zählen das leider sehr selten gewordene Birkhuhn und die Waldschnepfe. Auch Zwergschnepfe und Bekassine haben hier ein letztes Rückzugsgebiet gefunden. Insgesamt sind über 120 Vogelarten hier zu finden. Große Bedeutung hat das Moor auch für bedrohte Falterarten, Amphibien und Libellen.

Die meisten Moorlebensraumtypen in Deutschland stehen unter besonderem Schutz. Das hat vor allem zwei Gründe: die langfristigen Schäden durch Torfabbau und die zunehmenden Folgen des Klimawandels. Letztere machen seit einigen Jahren auch dem UNESCO-Biosphärenreservat Rhön besonders zu schaffen. Das Rote Moor in der Hessischen Rhön (unter Naturschutz seit 1979) und das Schwarze Moor in der Bayerischen Rhön (bereits seit 1939 unter Naturschutz) sind Hochmoore, auch Regenmoore genannt, da sie ihren Wasserüberschuss ausschließlich aus Niederschlägen beziehen. Die Pflanzen können sich hier nur vom Regenwasser und den darin enthaltenen Nährstoffen ernähren.

Die Entstehung und Existenz eines Hochmoores und seiner speziellen Lebenswelt ist also von ausreichend hohen Niederschlägen abhängig, die von den Torfmoosen wie von einem Schwamm festgehalten werden. Die langanhaltende Trockenheit aus den vergangenen Sommern hat in der Rhön deutliche Spuren hinterlassen: Zahlreichen Stellen, die in der Vergangenheit immer mit Wasser bedeckt waren, sind ausgetrocknet, stattdessen finden sich nun Risse im Boden.

Die Hochmoore der Rhön erlauben genaue Aufschlüsse über die Entwicklung der Kulturlandschaft und sind somit „Archive“ der Rhöner Geschichte. Über Jahrtausende hinweg können in den Mooren Pollenkörner konserviert werden, die in den meisten Fällen eindeutig bestimmbar sind. Die Bestimmung des Alters einer Torfschicht mit der sogenannten Radiocarbon-Methode ermöglicht klare Aussagen über landschaftliche Entwicklung in längst vergangenen Zeiten.

So geben das Rote und das Schwarze Moor Aufschluss darüber, dass die Buche erst vor etwa 5000 Jahren in die Rhön „eingewandert“ ist. Sie begann vor 3000 bis 4000 Jahren, Ulmen, Linden und Eschen zurückzudrängen und das Land mit den dichten dunklen Wäldern zu überziehen, die der Region später den Namen „Buchonia“ gaben. Etwa um 800 nach Christi Geburt ist ein Zurücktreten des Buchenpollens erkennbar, während die Pollenkörner von Getreide, Wiesenpflanzen und Unkräutern erstmals in größerem Maße auftreten: eine direkte Folge des Ackerbaus und der zunehmenden Siedlungstätigkeit nach Gründung des Klosters Fulda im Jahre 744. Weitere Ereignisse, die sich im Torf der widerspiegeln, sind die Wüstungsperiode um 1350-1500 – hier ging die Bevölkerung durch die Pest stark zurück, viele Siedlungen wurden aufgegeben – und der 30-jährige Krieg.